Tenor
I.
Die einstweilige Verfügung vom 05.04.2012 wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass es unter Ziffer I. statt "Retrad-Formulierung" nunmehr heißt "Retard-Formulierung".
II.
Die weiteren Kosten des Verfügungsverfahrens werden den Verfügungsbeklagten zu je 1/3 auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 05.04.2012 darf nur nach Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents A (nachfolgend: Verfügungspatent), das am 27.05.1997 in englischer Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme der Priorität der GB B vom 31.05.1996 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Erteilung des Verfügungspatents erfolgte am 14.08.2002. Der deutsche Teil des Verfügungspatents (DE C) ist in Kraft.
Gegen das Verfügungspatent wurden von der D, der E und der F insgesamt drei im Wesentlichen inhaltsgleiche Nichtigkeitsklagen erhoben, die vor dem Bundespatentgericht unter dem Aktenzeichen 3 Ni 43/10 geführt werden. Die mündliche Verhandlung ist auf den 13.11.2012 terminiert. Das Bundespatentgericht hat am 12.07.2012 einen Zwischenbescheid erlassen. Darin stellt es fest, dass die in Patentanspruch 1 beanspruchte Retard-Formulierung gegenüber dem Stand der Technik neu sein dürfte. Zu diskutieren sei, ob die Priorität zurecht in Anspruch genommen wurde und ob die technische Lehre des Verfügungspatents durch den Stand der Technik nahegelegt sei. In diesem Zusammenhang sei zu diskutieren, ob der durch die Nichtigkeitskläger herangezogene und durch das Bundespatentgericht zitierte Stand der Technik für den Fachmann den Ausgangspunkt zum Auffinden der Lösung für die in dem Verfügungspatent beanspruchte Lösung darstelle und ob die im Einzelnen genannten Dokumente dem Fachmann die Lehre vermittelt haben könnten, Geliermittel zur Herstellung einer Quetiapin als Wirkstoff enthaltenden Retard-Formulierung heranzuziehen.
Darüber hinaus sind bereits vier Urteile ergangen, in denen sich ausländische Gerichte, teilweise nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, mit der Schutzfähigkeit der beanspruchten Erfindung auseinandergesetzt haben. Dabei sind die Gerichte in den Niederlanden, in den USA und in Spanien zum Ergebnis gelangt, die beanspruchte Erfindung sei schutzfähig. Lediglich der Richter in einem englischen Verfahren ist zu der Überzeugung gelangt, das Verfügungspatent sei unter dem Gesichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit nicht schutzfähig.
Das Verfügungspatent trägt die Bezeichnung "Substained release pharmaceutical compositions comprising a dibenzothiazepine derivative" ("Arzneimittel mit verzögerter Freisetzung, das ein Dibenzothiazepinderivat enthält"). Sein vorliegend allein streitgegenständlicher Patentanspruch 1 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung:
"Retard-Formulierung, enthaltend ein Geliermittel und 11-[4-[2-(2-Hydroxyethoxy)ethyl]-1-piper-azinyl]dibenzo-[b,f] [1,4]thiazepin oder ein pharmazeutisch unbedenkliches Salz davon mit einem oder mehreren pharmazeutisch unbedenklichen Hilfsstoffen."
Bei den Verfügungsbeklagten handelt es sich um Generika-Unternehmen, die zu dem Konzern G mit Sitz in Israel gehören. Die Verfügungsbeklagten haben für die Bundesrepublik Deutschland Arzneimittelzulassungen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die nachfolgend genannten Arzneimittel mit einer Retard-Formulierung von Quetiapinhemifumarat erhalten:
Die jeweiligen Zulassungen der Verfügungsbeklagten sind Generika-Zulassungen gemäß Art. 10 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Arzneimittel. Sie wurden daher in einem verkürzten Verfahren ohne eigene klinische Versuche der Verfügungsbeklagten unter Bezugnahme auf das Originalarzneimittel Seroquel Prolong® der Verfügungsklägerin erteilt. Als Anmelderin für die angegriffenen Ausführungsformen 1 ist die Verfügungsbeklagte zu 1), als Herstellerin die H angegeben. Im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen 2 ist die Verfügungsbeklagte zu 2) als Anmelderin und Herstellerin angegeben. Für die angegriffenen Ausführungsformen 3 ist die Verfügungsbeklagte zu 3) als Anmelderin angegeben und die H als Herstellerin genannt.
Am 28.03.2012 erhielt die Verfügungsklägerin Kenntnis davon, dass die angegriffenen Ausführungsformen der Verfügungsbeklagten zur Lauer-Taxe angemeldet wurden und in der Ausgabe am 01.04.2012 veröffentlicht werden sollten. Die Lauer-Taxe enthält die Daten aller Arzneimittel, die in Deutschland für den Handel zugelassen sind. Sie bildet so die Grundlage für den Einkauf und die Arzneimittelausgabe seitens der Apotheken, denen die in der Lauer-Taxe enthaltenen I...