Leitsatz (amtlich)
Streitigkeiten über die Durchführung oder Unterlassung einer Eigentümerversammlung können nach der WEG-Reform nicht mehr zwischen den Eigentümern, dem Verwalter oder dem Verwaltungsbeirat geführt werden.
Allerdings kann die Gemeinschaft – vertreten durch den nach § 9b WEG bestimmten Vertreter – insoweit bestehende Ansprüche wegen eines unrechtmäßigen Verwaltungshandelns gegen Eigentümer, Verwalter oder ggf. den Beiratsvorsitzenden durchsetzen.
Verfahrensgang
AG Bad Hersfeld (Beschluss vom 05.11.2021; Aktenzeichen 10 C 464/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG Bad Hersfeld vom 5.11.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien bilden eine verwalterlose WEG. Der Antragsgegner zu 1) lud die übrigen Eigentümer zu einer Eigentümerversammlung in die Wohnung der Antragsgegnerin zu 2) ein. Die Antragstellerin hat – soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse – mit der einstweiligen Verfügung u.a. begehrt, den übrigen drei Eigentümern als Antragsgegner die Durchführung der Eigentümerversammlung zu untersagen. Nachdem das Amtsgericht zunächst eine entsprechende einstweilige Verfügung erlassen hat, haben die Parteien im Widerspruchsverfahren den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Amtsgericht hat, soweit für die Beschwerde relevant, die Kosten des Rechtsstreits der Antragstellerin auferlegt, weil eine Passivlegitimation der Antragsgegner nicht bestanden habe. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat keinen Erfolg.
In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts als ermessensfehlerfrei.
Der Antrag konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt gemäß § 18 Abs. 1 WEG nicht mehr – wie früher – den Wohnungseigentümern, sondern nur noch der Wohnungseigentümergemeinschaft, weshalb der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung in § 18 Abs. 2 WEG auch nur gegenüber dem Verband begründet wird. Damit ist es auch lediglich Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft die zu einer derartigen Verwaltung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wozu auch die Durchführung von Eigentümerversammlungen gehört (Kammer WuM 2022, 65).
Hieraus folgt allerdings nach Auffassung der Kammer auch, dass Ansprüche auf Durchführung oder Unterlassung einer Eigentümerversammlung nicht mehr zwischen den beteiligten Eigentümern oder – wenn ein solcher bestellt ist – Verwalter (Kammer WuM 2022, 65) oder dem Verwaltungsbeirat zu führen ist. Denn ein derartiger Prozess würde darauf hinauslaufen, dass die Organe einer Gemeinschaft, bzw. im Falle der Eigentümer sogar nur Organmitglieder (der Eigentümerversammlung) über interne Pflichten und Rechte streiten. Ein derartiger Innerorganstreit ist jedoch in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten unzulässig (vgl. nur BGHZ 106, 54 = NJW 1989, 979). Dies ist auf die neue Struktur des WEG-Rechts zu übertragen (vgl. etwa AG Wiesbaden ZWE 2022, 98; ähnl. AG Mainz ZMR 2021, 1020; Skauradszun in SEHR WEG-Reform 2020 § 1 Rn. 96; Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021 § 3 Rn. 54; BeckOK BGB/Zschieschack/Orthmann, 61. Ed. 1.2.2022, WEG § 44 Rn. 56; aA AG Tettnag ZWE 2021, 419 dagegen Schultzky MietRB 2022, 55). Individualansprüche zwischen den Organen der WEG sind dem neuen WEG-Recht, dass sich insoweit durch klare und eindeutige Rechtsbeziehungen auszeichnet, in dessen Mittelpunkt nunmehr der Verband steht (instruktiv Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020, Rn. 32 ff.), fremd. Auch in der Sache besteht hierfür kein Bedürfnis, da mit derartigen Klagen keine originären eigenen Rechte geltend gemacht werden, sondern letztlich solche des Verbandes, die dieser allerdings selbst (dazu sogleich) geltend machen kann.
Ein Anspruch eines Eigentümers gegen den Einladenden im Falle einer unzulässigen Einladung kann daher nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden.
Ein Rechtsverlust ist damit nicht verbunden, denn ein Rechtsschutz wird damit nicht unmöglich gemacht. Möglich bleibt – auch im Gesellschaftsrecht (dazu näher Koch MhdbGesR VII § 30 Rn. 94) – eine Klage des Verbandes gegen das vermeintlich rechtswidrig handelnde Organ. Da die Rechtsmäßigkeitskontrolle für Verwaltungsmaßnahmen (nur) der WEG zukommt, kann diese einen A...