Leitsatz (amtlich)
Gilt das Kopfstimmrecht (§ 25 Abs. 2 WEG) hat ein Eigentümer, der Alleineigentümer einer Einheit ist und an einer weiteren Einheit als Miteigentümer beteiligt ist, für die ihm alleine gehörende Einheit eine Stimme, zudem besteht eine weitere Stimme für die Mitteigentümergemeinschaft.
Verfahrensgang
AG Bensheim (Urteil vom 28.08.2019; Aktenzeichen 6 C 55/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 28.08.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.160 EUR
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Gültigkeit von Beschlüssen einer Eigentümerversammlung. In der Teilungserklärung ist in § 13 festgelegt, dass sich „das Stimmrecht … nach dem WEG” bestimmt. Die Kläger sind gemeinsam Eigentümer der Einheit Nr. 2. Die beiden übrigen Wohnungseigentümer sind gemeinschaftlich zu je 1/2 Eigentümer der Wohnung Nr. 1, die Beklagte zu 1 ist darüber hinaus Eigentümerin der Wohnung Nr. 3.
Die Beklagten luden den Kläger mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 zu einer Wohnungseigentümerversammlung ein. Gegenstand der Versammlung sollte die Wahl eines Verwalters sein, mit der Einladung wurden 3 Angebote übersandt. Die Versammlung fand ohne den Kläger statt, unter TOP 1a wurde ein Verwalter gewählt unter TOP 1b ein Beschluss über den Verwaltervertrag gefasst.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Ungültigkerklärung der gefassten Beschlüsse.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar sei die Einladung fehlerhaft gewesen, dieses habe sich indes nicht ursächlich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt, da auch bei ordnungsmäßiger Einberufung der Versammlung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse die angefochtenen Beschlüsse gefasst worden wären. In der Sache sei die Beschlussfassung nicht zu beanstanden, denn entgegen der Auffassung der Kläger besäßen die Beklagten aufgrund des Stimmrechts nach § 25 Abs. 2 S. 1 WEG zwei Stimmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der die sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgen. Sie stützten ihre Berufung vor allem darauf, dass das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt sei, die Beklagten hätten zwei Stimmen und vertreten insoweit die Auffassung, ihnen stünde lediglich eine Stimme zu.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
1. Zu Recht ist das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt, dass den Beklagten gemäß § 25 Abs. 2 WEG zwei Stimmen zustehen.
Da sich nach der Teilungserklärung das Stimmrecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz richtet, gilt insoweit das sogenannte Kopfstimmenprinzip des § 25 Abs. 2 WEG, so dass jedem Eigentümer eine Stimme zusteht. In welchem Umfang insoweit Stimmrechte von Eigentümern bestehen, die an mehreren Wohnungseigentumseinheiten beteiligt sind, ist indes umstritten.
Zum Teil wird vertreten, dass in diesem Fall die Stimme der mehrfach berechtigten Wohnungseigentümer nur einmal zur Geltung kommen darf. Nach dieser Auffassung hat ein Eigentümer, der an mehreren Wohnungen berechtigt ist, ein Wahlrecht, für welche Wohnung er sein Stimmrecht ausübt. Für die andere Wohnung läge in entsprechender Anwendung des §§ 25 Abs. 5 WEG ein Stimmrechtsausschluss vor, denn die Vermehrung der Rechte dürfe nicht zu einer Vermehrung der Stimmen führen (Bassenge, FS Seuß, 1987, S. 33, 38 ff.; LG Lübeck, Beschluss vom 18.04.1986 – 7 T 411/86).
Demgegenüber wird andererseits die Auffassung vertreten, dass ein Eigentümer, der Alleineigentümer eine Einheit ist und darüber hinaus Bruchteilseigentümer einer weiteren Einheit, eine Stimme für die ihm allein gehörende Einheit hat und darüber hinaus eine Mitstimmberechtigung für die Einheit hat, an der er einen Bruchteil hält, wobei sich insoweit für diese Einheit die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe aus § 25 Abs. 2 S. 2 WEG ergebe (OLG Frankfurt aM ZMR 1997, 156; OLG Dresden ZMR 2005, 894; Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten § 25 Rn. 11; Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 31; Jennißen/Schultzky § 25 Rn. 28; Bärmann/Merle § 25 Rn. 69; Riecke/Schmid § 25 Rn. 55; Mediger NZM 2011, 137, 139 ff.; Schneider, Wohnungseigentumsrecht, S. 248 f.).
Der BGH hat diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen (BGH NJW 2018, 552 Rn. 7). N...