Leitsatz (amtlich)
Besteht in einer Wohnungseigentumsanlage eine gemeinsame Müllentsorgung, hat ein einzelner Wohnungseigentümer keinen Anspruch darauf, dass er von der Pflicht zur anteiligen Tragung der gemeinsamen Müllkosten befreit und ihm das Aufstellen eigener Sammelgefäße ermöglicht wird.
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Urteil vom 13.10.2016; Aktenzeichen 304 C 285/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 13.10.2016 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die aus einem Mehrfamilienhaus mit 27 Wohnungen und zehn weiteren Wohnung in der äußeren Form von Reihenhäusern besteht. Die Klägerin ist Eigentümer eines Reihenhauses und bewohnt dieses alleine. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemeinsame Müllcontainer, welche von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich genutzt werden. Die Umlage der Entsorgungskosten erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Auf der Wohnungseigentümerversammlung stellte die Klägerin den Antrag, dass ihr die übrigen Eigentümer erlauben sollten, eine eigene Mülltonne in ihrem Vorgarten, an welchem sie ein Sondernutzungsrecht hat, aufzustellen, und sie im Gegenzug nicht mehr an den Kosten der gemeinsamen Müllentsorgung zu beteiligen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Anfechtungsklage der Klägerin verbunden mit einem entsprechenden Verpflichtungsantrag.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Ansicht vertreten, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch aus der gemeinsamen Müllentsorgung zu entlassen zu werden und ihr eine eigene Müllentsorgung zu ermöglichen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgen.
…
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe einen Anspruch aus der gemeinsamen Müllentsorgung entlassen zu werden.
Ein derartiger Anspruch ergibt sich weder aus der Teilungserklärung noch aus dem WEG. Aus der Teilungserklärung ergibt sich – wie das Amtsgericht zutreffend dargestellt hat – ein derartiger Anspruch nicht. ….
In der Sache begehrt die Klägerin auch nicht – wie das Amtsgericht offenbar meint – eine Änderung des Verteilungsschlüssels. Eine solche Änderung des Kostenverteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 2, 3 WEG) kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings gegen den Widerspruch der anderen Eigentümer nur unter der Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG durchgesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2010 – V ZR 131/10 Rdnr. 11 m.w.N).
Hierum geht es im vorliegenden Fall der Klägerin allerdings nicht. Denn sie begehrt nicht, dass der derzeitige Verteilerschlüssel entsprechend den Miteigentumsanteilen geändert wird und nunmehr etwa eine Verteilung nach Kopfteilen etc. erfolgen soll, sondern ihr Begehr ist darauf gerichtet, insgesamt von den gemeinsamen Müllkosten befreit zu werden und ihren eigenen Müll selbständig entsorgen zu können.
Bei den Müllkosten handelt es sich jedoch um Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums, nämlich um Betriebskosten im Sinne der §§ 16 Abs. 2, 3 WEG, 556 BGB, § 2 Nr. 8 BetrkV). Zwar wird vertreten, dass in Ausnahmefällen ein Wohnungseigentümer auch einen Anspruch auf Befreiung von bestimmten Kosten haben kann. Diskutiert wird dies etwa für verbrauchsabhängige Kosten im Falle des dauerhaften Leerstandes einer Wohnung wegen Unverkäuflichkeit (vgl. Niedenführ § 16 Rdnr. 129). Ob die Kammer dieser Auffassung beitritt, bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, denn um einen solchen gesondert gelagerten Ausnahmefall handelt es sich hier nicht.
Die Klägerin begehrt die Freistellung von der Pflicht zur Tragung der gemeinsamen Müllkosten, weil sie – der Sache nach zu Recht – der Ansicht ist, nicht ihrem Kostenanteil entsprechend Müll zu erzeugen. Dieses entspricht allerdings dem typischen Risiko von Betriebskosten, da diese – was gerade bei den Kosten der Müllentsorgung offensichtlich ist – nach einem generellen Verteilmaßstab umzulegen sind, ohne dass insoweit die Einzelbelange jedes einzelnen Eigentümers berücksichtigt werden können. Daher entspricht es gefestigter Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofes, dass jeder Wohnungseigentümer für Betriebskosten in gleicher Weise auch dann aufkommen muss, wenn er bestimmte Einrichtung, wie z.B. Treppenhaus, Aufzug, Kinderspielplatz, Fahrradkeller, Waschmaschinen- oder Tischtennisräume nicht nutzt (BGH NJW 1984, 2576, 2577, BGHZ 92, 18). Denn es besteht gerade kein Grundsatz dahingehend, dass ein Wohnungseigentümer Kosten für Einrichtungen nicht oder nur in einem geringen Umfang zu tragen hat, wenn ihm diese persönlich keinen Nutzen bereiten (BGH a.a.O.).
Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin – auch wenn sie nur in geringem Umfan...