Verfahrensgang

AG Königstein (Urteil vom 21.05.2001; Aktenzeichen 21 C 359/01 (14))

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Königstein vom 21.05.2001, Az.: 21 C 359/01 (14), wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin ist, nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, die Nachzahlung gegen die Beklagten durchzusetzen, denn die Beklagten haben gegen die Klägerin eine Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss in Höhe der Differenz zwischen der Nachforderung und den bereits von ihnen geleisteten Zahlungen.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass die von dem Parteien vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung im Betrag unterhalb der nicht vom Mieter zu beeinflussenden verbrauchsunabhängigen Kosten liegt. Mit dieser Besonderheit hat sich der – im übrigen umstrittene (z. B. LG Arnsberg, NJW-RR 1988, 397) – Rechtsentscheid des OLG Stuttgart (WuM 1982, 272) nicht auseinandergesetzt, wonach mit der bloßen Vereinbarung von Vorauszahlungen kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen wird, dass die Vorauszahlungen die Nebenkosten in etwa abdecken.

Die Abwägung des Interesses des Vermieters, der nicht zur Vereinbarung von Vorauszahlungen verpflichtet ist und dem es demgemäß auch freisteht sich mit dem Mieter auf deutlich unter dem voraussichtlichen Abrechnungsbetrag liegende Vorauszahlungen zu einigen gegen das Interesse des Mieters, bei Abschluss des Mietvertrages zu erfahren, ob die Miete einschließlich der Nebenkosten im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten liegt, führt zu dem Ergebnis, dass den Vermieter im Zusammenhang mit der Vereinbarung besondere Hinweispflichten treffen, wenn die Vorauszahlung unterhalb der gemäß Mietvertrag von Mieter übernommenen verbrauchsunabhängigen Kosten liegt. Dem Vermieter ist das Interesse eines Mieters an der Kenntnis über die zu erwartenden Kosten erkennbar, selbst dann wenn der konkrete Mieter nicht eigens auf die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit hinweist.

Ein Verstoß des Vermieters gegen seine Hinweispflichten führt zu einer Schadensersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluss. Dabei kommt es vorliegend auf die Frage, ob der Klägerin selbst bei Abschluss des Mietvertrages die Höhe der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten bereits bekannt war, nicht entscheidungserheblich an, denn den Vermieter trifft nicht nur ein Verschulden, wenn er den Mieter nicht daraufhingewiesen hat, dass die Vorauszahlung unter den dem Mieter auferlegten verbrauchsunabhängigen Kosten liegt, sondern auch, wen er den Mieter nicht daraufhingewiesen hat, dass ihm mangels eigener Kenntnis die Kalkulation dieser zu erwartenden Nebenkosten noch nicht möglich ist. Das Verschulden bei Vertragsschluss verpflichtet den Haftenden dazu, den Geschädigten so zu stellen, wie dieser ohne das schuldhafte Verhalten des anderen Teils stehen würde (§ 249 BGB). Hierzu haben die Beklagten behauptet, sie hätten die Wohnung bei Kenntnis der wahren Kosten nicht angemietet. Dies ist ausreichend um einen Schaden zu begründen. Der Mieter muss nicht nachweisen, welche andere Wohnung zu welchen Nebenkosten er hätte anmieten können, sondern sein Schaden besteht in der eine Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Nachforderung, denn aufgrund des Vertrauens, das der Vermieter geschaffen hat, hat der Mieter schon über die entsprechenden Beträge im Rahmen seiner Lebensführung disponiert. Die Beklagten haben über die Vorauszahlungen hinaus weitere 20 % gezahlt. Ihr Ersatzanspruch geht auf Freistellung von der weiteren Nachforderung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Eine Revision findet gegen dieses Urteil nicht statt.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Seibert, Zöller, Steck-von der Lühe

 

Fundstellen

Haufe-Index 935661

NZM 2002, 485

IWR 2002, 70

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