Verfahrensgang

AG Hamburg-Barmbek (Urteil vom 03.09.2009; Aktenzeichen 816 C 103/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 03.09.2009, Geschäftsnummer 816 C 103/09, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Nebeninter-vention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die geräumte Herausgabe der Mietwohnung nach fristloser Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.09.2009 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung scheitere jedenfalls am fehlenden Verschulden des Beklagten. Dieser sei an der Rückbelastung der eingezogenen Mieten selbst nicht beteiligt gewesen. Ein Verschulden des Insolvenzverwalters, für das der Beklagte gemäß § 278 BGB einzustehen hätte, sei nicht ersichtlich; der Insolvenzverwalter habe sich nämlich insolvenzrechtlich korrekt verhalten, wie sich aus der Entscheidung BGHZ 174, 84 ergebe. Den Beklagten treffe auch keine Nachzahlungsverpflichtung, da er wegen Massebeschlags hierzu nicht in der Lage sei und zudem § 294 Abs.2 InsO einer Sonderbefriedigung der Klägerin entgegenstehe. Dieses Ergebnis sei der Klägerin auch zuzumuten, da es sich bei den zurückgerufenen Mieten um einfache Insolvenzforderungen handele.

Gegen dieses ihr am 14.09.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin über ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten am 08.10.2009 Berufung eingelegt, welche sie unter dem 13.11.2009 begründet hat. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages verfolgt sie ihren Räumungs- und Herausgabeanspruch weiter: Das erstinstanzliche Urteil sei rechtsfehlerhaft und verkenne, dass der Beklagte für die Handlungen des Insolvenzverwalters (des Nebenintervenienten) gemäß § 278 BGB einzustehen habe. Dieser habe schuldhaft einen kündigungsrelevanten Mietrückstand verursacht, indem er zu Unrecht die klägerseits eingezogenen Mieten, bei denen es sich um Masseforderungen gemäß § 55 Abs.1 Nr. 2 InsO handele, zurückgerufen habe. Zudem treffe auch den Beklagten selbst ein Verschuldensvorwurf, weil er die zurückgerufenen Mieten nunmehr selbst hätte aufbringen müssen.

Der Beklagte beantragt unter Verteidigung der angegriffenen Entscheidung, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll des mündlichen Verhandlungstermins vom 12.03.2010.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf geräumte Herausgabe des Mietobjektes gemäß § 546 Abs.1 BGB. Die fristlose, auf Zahlungsverzug gestützte Kündigung vom 02.04.2009 hat das Mietverhältnis mit dem Beklagten nicht beendet, die Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.3 BGB lagen nämlich nicht vor.

1) Sofern man davon ausgeht, dass bei vorbehaltloser Gutschrift auf dem Konto des einzugsberechtigten Gläubigers seine fällige und einredefreie Forderung aufgrund der mit dem Schuldner getroffenen Lastschriftabsprache erfüllt wurde (vgl. hierzu: BGH, U.v. 10.06.2008, XI ZR 283/07 – BGHZ 177, 69, Tz. 22), scheiterte im vorliegenden Fall die Zahlungsverzugskündigung allerdings schon daran, dass im Kündigungszeitpunkt eine Forderung der Klägerin auf Zahlung der Mieten für Juli bis September 2008 gar nicht mehr bestanden hatte, diese Forderungen nämlich erfüllt waren aufgrund der – unstreitig erfolgten – Gutschriften auf dem Konto der einziehungsberechtigten Klägerin. An der Erfüllungswirkung konnte der spätere Rückruf durch den Insolvenzverwalter dann nichts mehr ändern. Ob dieser Rückruf bei Zurechnung gemäß § 278 BGB zulasten des Beklagten einen – anderen – Kündigungsgrund abgeben konnte, kann dahinstehen. Hiermit nämlich wurde die Kündigung vom 02.04.2009 nicht begründet.

2) Ob der unter Nr. 1 dargestellten Ansicht zu folgen ist, kann indes offenbleiben. Auch dann nämlich, wenn eine Erfüllungswirkung erst mit – ausdrücklicher oder formularmäßig fingierter – Genehmigung der Kontobelastung seitens des Schuldners, hier des Beklagten, eintreten konnte und diese im Zeitpunkt des Rückrufs durch den Nebenintervenientin noch nicht vorlag, war die Kündigung der Klägerin nicht wirksam. Der Beklagte befand sich jedenfalls nicht schuldhaft im Rückstand mit der Zahlung der Mieten für Juli bis September 2008, also den zwischen Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten...

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