Leitsatz (amtlich)
1. Der Streit einer WEG mit einer Nachbar-WEG oder deren Miteigentümer um gemeinsame Einrichtungen bzw. diesbezügliche Verträge gehört nicht vor die WEG-Gerichte.
2. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann sich territorial niemals über das eigene Grundstück hinaus erstrecken.
3. Bezeichnet ein Amtsgericht versehentlich eine der allgemeinen Rechtsmittelregelung unterfallende Sache als „Wohnungseigentumssache” und legt der Berufungsführer dann fälschlich Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht nach § 72 Abs. 2 GVG ein, so hilft dem Rechtsmittelführer der amtsgerichtliche Fehler beim erstangegangenen Berufungsgericht nicht weiter. Die Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht bleibt unzulässig.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Urteil vom 13.11.2020; Aktenzeichen 14 C 2882/20 WEG) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020, Aktenzeichen 14 C 2882/20 WEG, wird verworfen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.988,09 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020 Bezug genommen, mit welchem der Klage in vollem Umfang stattgegeben worden war.
Mit der Klage wird ein Zahlungsanspruch aus der schuldrechtliche Vereinbarung vom 14.10.1993 geltend gemacht. Das ursprünglich einheitliche Grundstück war in drei separate Flurstücke aufgeteilt worden. Entsprechend einer dazu vereinbarten Flächenbaulast sind die real geteilten Grundstücke – wie auch die Klägerin meint – als (wirtschaftliche) Einheit zu behandeln, indem sie durch die gemeinsame Tiefgarage sowie durch gemeinsame Ver- und Entsorgungsleitungen untereinander wirtschaftlich verbunden sind, wozu auch zur rechtlichen Absicherung die Eintragung entsprechender Dienstbarkeiten noch vor Aufteilung der Grundstücke gem. § 8 WEG in Miteigentumsanteile Dienstbarkeiten vereinbart und zur Eintragung bewilligt wurden. Die durch die gemeinschaftliche Benutzung entstehenden Bewirtschaftungskosten sind zwischen den drei Wohnungseigentümergemeinschaften zu dritteln. Aus dieser schuldrechtlich geregelten Kostenverteilung der gemeinsamen Einrichtungen der drei Wohnungseigentümergemeinschaften geht die klagende WEG gegen den beklagten Eigentümer der Nachbar-WEG vor.
Im Berufungsverfahren wird durch den Beklagten beantragt:
Das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020, AZ: 14 C 2882/20 WEG wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist nicht zulässig, da sie beim falschen Gericht eingelegt wurde, worauf mehrfach hingewiesen worden war.
1.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe als Konzentrationsrechtsmittelgericht in Wohnungseigentumssachen gem. § 72 Abs. 2 GVG ist nicht gegeben. Zuständig ist vielmehr das Landgericht Mannheim als allgemeines Berufungsgericht für die Entscheidungen des Amtsgerichts Mannheim.
Der Streit mit Nachbar-WEG's oder deren Miteigentümer um gemeinsame Einrichtungen bzw. diesbezügliche Verträge gehört nicht vor die WEG-Gerichte. Denn Streitigkeiten verschiedener Wohnungseigentümergemeinschaften untereinander werden nicht nach den Vorschriften des WEG behandelt und fallen deshalb nicht unter § 43 WEG. Es kommen vielmehr die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung, denn zwischen den Parteien des Rechtsstreits liegt kein wohnungseigentumsrechtliches Gemeinschaftsverhältnis vor, dieses gibt es nur innerhalb der jeweiligen WEG (s. Reichel-Scherer/Kallenborn in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 43 WEG (Stand: 08.12.2020), Rn. 5; vgl. auch zum Streit mit einer anderen Wohnungseigentümergemeinschaft um die Benutzung eines gemeinsamen Treppenhauses: OLG Hamm ZMR 2006, 879; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 43 Rn. 56).
WEG-/grundstücksübergreifende Untergemeinschaften oder eine WEG-Zuständigkeit kraft Sachnähe oder gar nach Treu und Glauben gibt es – anders als die Beklagtenseite wohl meint – nicht.
Mit der im konkreten Fall stattgehabten Teilung erfolgte die rechtliche Verselbstständigung eines realen Grundstücksteils: Aus einem Grundstück wurden zwei oder mehrere Grundstücke gebildet. Die Teilung ist rechtliche Veränderung. Sie ist – anders als die Vereinigung bzw. die Bestandteilszuschreibung (vgl. § 890 BGB, §§ 5, 6 GBO) – weder im BGB noch in der GBO geregelt. Die Voraussetzungen für eine Grundstücksteilung werden lediglich in § 19 Abs. 1 BauGB angesprochen. Danach kann der Eigentümer sein Grundstück teilen, indem er dem Grundbuchamt gegenüber („oder sonst wie erkennbar”) erklärt, dass ein Grundstücksteil grundbuchmäßig abgeschrieben und als selbstständiges Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken oder mit Teilen anderer Grundstücke eingetragen werden soll (BeckOK GBO/Kral, 45. Ed. 1.3.2022, GBO § 7 Rn. 1...