Verfahrensgang
AG Kassel (Beschluss vom 13.06.2003; Aktenzeichen 630 M 31168/2003 a) |
Tenor
beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 13.06.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf EUR 3.133,00 festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Beschwerdeführerin erwirkte durch ihren derzeitigen Verfahrensbevollmächtigten gegen den Schuldner und dessen Ehefrau am 30.10.2002, 21.01.2003 und 08.04.2003 insgesamt drei Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Stuttgart, in denen die geltend gemachte Hauptforderung jeweils als "Schadensersatz gemäß § 823 I BGB wegen vorsätzlichem Nutzungsentzug der Wohnung Lilienthalstr. 39 in … (409,03 EUR pro Monat) vom … bis …” gekennzeichnet wurde. Wegen der so titulierten Forderung nebst Zinsen und Kosten beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30.04.2003 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der sich auf die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Schuldners gegen die eingangs bezeichnete Drittschuldnerin bezog. Der Antrag enthielt folgenden Zusatz:
„Die Berechnung des pfändbaren Betrages erfolgt nicht nach der Tabelle zu § 850c III ZPO. Stattdessen ist dem Schuldner im Verhältnis zum Gläubiger dieses Verfahrens gem. § 850f II ZPO monatlich ein Betrag in Höhe von 229,98 EUR pfandfrei zu belassen.”
Hierzu ließ die Beschwerdeführerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten vortragen, dass die Pfändung wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfolge und der Schuldner im Haushalt seiner Schwiegereltern wohne; mangels beachtlicher Aufwendungen für eine Unterkunft sei ihm deshalb lediglich der Sozialhilfesatz für Haushaltsangehörige zu belassen.
Das Amtsgericht kam diesem Begehren durch Beschluss vom 15.05.2003 nur insoweit nach, als es den pfandfreien Betrag auf EUR 360,33 festsetzte.
Demgegenüber bat der Schuldner am 03.06.2003 durch Schreiben seiner Ehefrau, die zu § 850f ZPO getroffene Anordnung aufzuheben, wobei er darauf verwies, dass seine Ehefrau entsprechend der zugehörigen Lohnabrechnung (Bl. 2 d.A.) nur ein monatliches Einkommen von EUR 250,00 bis 280,00 erziele. Zugleich legte er einen mit der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH geschlossenen Mietvertrag vom 15.04.2002 (Bl. 3-4 d.A.) vor, demzufolge die Eheleute einen monatlichen Mietzins von EUR 516,27 zu zahlen haben. Schließlich überreichte er die Abstammungsurkunden seiner am 14.10.1977 und 31.03.2000 geborenen Kinder Jasmin und Dominik.
Nachdem das Amtsgericht der Beschwerdeführerin zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, setzte es den pfandfrei zu belassenden Betrag durch Beschluss vom 13.06.2003, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 16-18 d.A.), anderweit auf insgesamt EUR 1.350,00 fest.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde vom 28.06.2003 (Bl. 24-26 d.A.), mit welcher die Beschwerdeführerin zum einen beanstandet, dass der vorgehende Antrag vom 03.06.2003 nicht vom Schuldner stamme und deshalb unzulässig sei, sowie zum anderen geltend macht, dass dem Schuldner allenfalls ein Betrag von EUR 814,80 pfandfrei belassen werden dürfe; denn irgend ein Wohnbedarf sei zu seinen Gunsten nicht zu berücksichtigen, weil er bereits bei ihr eine Wohnung angemietet habe, „seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietvertrag jedoch mitnichten” nachkomme. Damit leiste er sich mit seiner derzeitigen Bleibe den Luxus einer „Zweitwohnung”, der nicht zu ihren Lasten gehen dürfe.
Entscheidungsgründe
II. Das gemäß §§ 793, 567 I Ziff. 1 ZPO an sich statthafte Rechtsmittel wahrt Form und Frist von § 569 ZPO und ist daher zulässig, sachlich kann es indes keinen Erfolg haben.
Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, darf das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens, ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf, § 850f II ZPO. Zur Feststellung der danach erforderlichen Voraussetzungen hat das Vollstreckungsgericht – was den Grund der Forderung angeht – keine umfassende Prüfungskompetenz (vgl. BGH NJW 1990, 834 (835)), weshalb insbesondere eine eigenständige Beweisaufnahme zu Tat- oder Schuldfragen nicht in Betracht kommt (vgl. BGH NJW 2003, 515; Kammer, Beschluss vom 02.07.2001 – 3 T 306/01 -; Beschluss vom 27.09.2002 – 3 T 597/02 -). Vielmehr ist es grundsätzlich an die Entscheidung des Prozessgerichts gebunden. Wird die deliktische Natur des Anspruchs – wie hier – allein aus den gerichtlich nicht geprüften Angaben des Gläubigers in einem Vollstreckungsbescheid hergeleitet, ist allerdings weiter zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch im Prozessrecht gilt und insbesondere im Bereich der Prozesshandlungen seine Wirksamkei...