Verfahrensgang

AG Koblenz (Beschluss vom 07.04.2006; Aktenzeichen 22 M 3409/05)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 7. April 2006 aufgehoben.

Die Pfändung in das Giroverhältnis bezüglich des Girokontos des Schuldners mit der Kontonummer … bei der … Drittschuldnerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25. Oktober 2005 wird eingestellt.

Dem Schuldner wird für das amtsgerichtliche Verfahren (Stellung des … Vollstreckungsschutzantrags) Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt … zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des amtlichen Verfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 325 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 5. März 1997 (Geschäftsnr. 96-9377134-0-3) wegen einer Forderung von 325 EUR einschließlich Zinsen und Kosten.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht Koblenz am 25. Oktober 2005 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen durch den das Konto der Schuldnerin mit der Nr. … bei der … gepfändet und die Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin zur Einziehung überwiesen wurden.

Unter dem 31. Januar 2006 beantragte der Schuldner, verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 765 a ZPO aufzuheben. Er machte geltend, lediglich Leistungen nach dem ALG II zu beziehen. Er sei gezwungen, innerhalb einer Frist von einer Woche persönlich bei der betreuenden Filiale in … vorzusprechen und das Geld dort bar abzuheben. Von der Teilnahme am bargeldlosen Verkehr sei er dadurch ausgeschlossen.

Die Gläubigerin ist dem Antrag entgegen getreten.

Das Amtsgericht Koblenz hat durch den angefochtenen Beschluss vom 7. April 2006 den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Kontopfändung bedeute für den Schuldner keine konkrete Schädigung und sei keine unbillige Härte im Sinne des § 765 a ZPO. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angeführten Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 12. April 2006 zugestellt worden ist, wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 20. April 2006, die am 21. April 2006 beim Amtsgericht Koblenz eingegangen ist. Er stützt seine Beschwerde im Wesentlichen auf das erstinstanzliche Vorbringen.

Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts beim Amtsgericht Koblenz hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Gläubigerin hat beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Einzelrichter der Kammer hat durch Beschluss vom 15. Mai 2006 die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung der Kammer übertragen.

Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) hat in der Sache Erfolg.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25. Oktober ist nach § 765 a ZPO einzustellen.

Der Schuldner hat glaubhaft gemacht, dass auf das bei der Drittschuldnerin geführte und vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betroffene Girokonto derzeit nur unpfändbare Beträge, nämlich 593,74 nach ALGII fließen, für die Pfändungsschutz nach § 55 SGB I und Pfändungsschutz nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 850 ff. ZPO) besteht. Unter der Voraussetzung, dass der Schuldner seine Pfändungsschutzrechte nach § 55 SGB I voll ausschöpft, besteht somit bei dieser Sachlage für die Gläubigerin in absehbarer Zeit keinerlei Aussicht, irgendwelche Beträge von dem gepfändeten Konto bei der … zu erlangen.

Der Schuldner hat weiterhin glaubhaft gemacht, dass er durch die Pfändung des Girokontos nicht mehr im üblichen Rahmen über das Konto verfügen und auch nicht am üblichen bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen kann, weil die Bank diese Teilnahme verweigert und lediglich noch Bareinzahlungen zulässt. Damit entstehen dem Schuldner durch die Pfändung des Kontos zusätzliche Kosten. Außerdem wäre er gezwungen, diejenigen Beträge, für die Pfändungsschutz nach § 55 SGB I besteht, innerhalb einer Frist von sieben Tagen vom Konto bar abzuheben. Auch dies bedeutet eine Belastung für den Schuldner.

Stellt man nun die Beschwernisse, die dem Schuldner durch den Vollzug der Kontopfändung entstehen, den gegenwärtigen Aussichten der Gläubigerin gegenüber, eine nennenswerte Befriedigung ihrer Forderungen zu erlangen, so ergibt sich, dass die Erfolgsaussichten des Pfändungsvollzugs in einem krassen Missverhältnis zu denjenigen Nachteilen stehen, die den Schuldner bereits belasten. Darauf, ob dem Schuldner eine Kündigung des Giroverhältnisses droht oder ob ein Krankenhausaufenthalt bevorsteht, der dem Schuldner die Barabhebung noch zusätzlich erschweren wird, kommt es nicht an.

Unter den gegebenen Umständen brächte deshalb der Vollzug der Pfändung für den Schuldner unzumutbare Nach...

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