Verfahrensgang
AG Worms (Urteil vom 26.02.2016; Aktenzeichen 5 C 40/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Amtsgerichts Worms von 26.02.2016, Az: 5 C 40/15 WEG, wird wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 17.09.2015 zu Top 10:
„Die WEG beschließt, dass dem Hausmeister oder seinem Stellvertreter die alleinige Befugnis übertragen wird, die Flurfenster zu kippen, wenn es witterungsbedingt angepasst ist. In der kalten Jahreszeit sollen die Flurfenster Temperatur abhängig geschlossen bleiben.”
nichtig ist.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Verfahrens I. und II. Instanz zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren weiter, den in der Eigentümerversammlung vom 17. September 2015 gefassten Beschluss zu TOP 10 für ungültig zu erklären.
Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft „… in …”. Die Anlage besteht aus 54 Wohnungen auf 8 Etagen; Die Kläger sind Eigentümer der Wohnung Nr. 21, gelegen im 3. Obergeschoss.
Auf der genannten Etage (3. Obergeschoss) befinden sich insgesamt 6 Wohnungen, welche über einen gemeinsamen Flur erreicht werden können, der im Gemeinschaftseigentum steht (vgl. Plan Bl. 55 GA). Im angrenzenden, durch eine zu öffnende sog. Rauchschutztür abgetrennten weiteren Flur, der zum Treppenhaus führt, befindet sich ein Fenster, das der Kläger je nach seinem eigenen Bedarf und Witterung öffnet um den Flur bei geöffneter Rauschutztür zu belüften. Dieses Flurfenster ist mit einem verschließbaren Fenstergriff ausgestattet.
Die Parteien streiten schon länger darüber, ob der Kläger das Fenster des Flurs öffnen darf oder nicht. In einem früheren Verfahren (Az.: 5 C 2/15, Amtsgericht Worms) wurde am 10. Juli 2015 folgender Vergleich geschlossen:
- „Die Beklagte gibt einen Schlüssel für das Flurfenster im 3. OG der WEG … den Kläger heraus.
- Der Kläger ist ermächtigt, das Fenster zu öffnen bis zu einem Zeitraum von 20 Minuten während seiner Anwesenheit dort. Er darf das Fenster kippen, wenn es witterungsbedingt angepasst ist.
- Bei geöffnetem oder gekippten Fenster hat die Brandschutztür zum Treppenhaus hin geschlossen zu sein.
- Diese Regelung gilt bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung in der Eigentümerversammlung über die Nutzung des Fensters.”
In der dann am 17. September 2015 stattgefundenen Eigentümerversammlung wurde unter TOP 10. folgendes mehrheitlich beschlossen (GA Bl. 16):
„Die WEG beschließt, dass dem Hausmeister oder seinem Stellvertreter die alleinige Befugnis übertragen wird, die Flurfenster zu kippen, wenn es witterungsbedingt angepasst ist. In der kalten Jahreszeit sollen die Flurfenster Temperatur abhängig geschlossen bleiben.”
Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger geltend gemacht, dass mit dieser Regelung ihnen der Mitgebrauch am Fenster, welches im Gemeinschaftseigentum steht, verweigert werde. Dies stelle sich als Entzug der Nutzung der gemeinschaftlichen Flurfenster dar, für den keine Beschlusskompetenz der Eigentümer bestehe. Sie wollen selbst entscheiden, wann gelüftet wird und bei Bedarf nicht auf den Hausmeister warten müssen. Denn im gemeinsamen Flur seien stark Essensdünste und Zigarettenqualm bemerkbar.
Die Beklagten haben ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Der Hausmeister bzw. dessen Stellvertreter lüfte regelmäßig. Das Fenster sei deswegen abschließbar, um sicher zu stellen, dass die Flurfenster nicht unbeaufsichtigt offen stehen. Dies gebiete die Verkehrssicherungspflicht und der Vermeidung einer Auskühlung des Etagenflurs. Sobald der angefochtene Beschluss rechtswirksam sei, werde die Hausverwaltung sämtliche Flurfensterschlüssel von den Eigentümern zurückfordern.
Das Amtsgericht Worms hat durch Urteil vom 26. Februar 2016 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammenfassend ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Den Klägern werde das Mitgebrauchsrecht am Flurfenster nicht gänzlich entzogen; der Beschluss sei nicht nichtig.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Verfahrensziel weiter. Sie rügen fehlerhafte Rechtsanwendung und vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlich gehaltenen Sachvortrag.
Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet. Sie führt zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses.
Hierzu im Einzelnen:
1.
Soweit – wie hier – eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG nicht entgegensteht, können die Wohnungseigentümer Regelungen des ordnungsgemäßen Gebrauchs durch Mehrheitsbeschluss treffen. Eine Regelung ist ordnungsgemäß, wenn sie im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer liegt, d.h. ein geordnetes und störungsfreies Zusammenleben der Wohnungseigentümer fördert und der Wahrung des Hausfriedens dient. Die...