Verfahrensgang

AG Neuwied (Urteil vom 24.11.2020; Aktenzeichen 44 C 1088/19 WEG)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 24.11.2020, Az. 44 C 1088/19 WEG, in Ziffer 2. wie folgt abgeändert: Die auf Ungültigerklärung des in der Versammlung der Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft A. K. 0, 00000 E. vom 04.11.2019 unter Top 4b gefassten Beschlusses mit dem Wortlaut: „Den Beiratsmitgliedern wird Entlastung für die Tätigkeit in 2018 erteilt.” gerichtete Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Beklagten zu tragen. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung seitens der jeweiligen Beklagten bzw. der Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten bzw. die Nebenintervenientin zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zur Klärung der unter II.2.b) dargestellten Rechtsfrage zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Soweit es im Berufungsverfahren noch interessiert streiten die Parteien um die Gültigkeit des in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.2019 unter Top 4b gefassten Beschlusses mit dem Wortlaut:

”Den Beiratsmitgliedern wird Entlastung für die Tätigkeitin 2018 erteilt”

Das Amtsgericht hat den Beschluss unter Ziffer 2. seines Urteils für ungültig erklärt. Es hat ausgeführt, dass nach der Entscheidung des BGH vom 04.12.2009, V ZR 44/09, juris Rn. 19, für die Entlastung des Verwaltungsbeirates dieselben Grundsätze gelten wie für die Entlastung des Verwalters und eine solche nicht in Betracht komme, wenn Ansprüche gegen die Verwaltung wegen der Vorlage einer fehlerhaften Abrechnung in Betracht kämen. Entgegen der Ansicht der Beklagten bedürfe es seitens der Kläger nicht einer genauen Darlegung der den einzelnen Beiratsmitgliedern vorwerfbaren Pflichtverletzung, da es Aufgabe des Beirates sei, die Abrechnung zu überprüfen. Maßstab müsse die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Abrechnung sein und zwar – da der Beirat gerade die Vertrauensstellung für die Mitgliedergemeinschaft einnehme – orientiert an den durchschnittlichen Verständnismöglichkeiten eines nicht besonders betriebswirtschaftlich oder juristisch geschulten Laien. Dieser Aufgabe sei der Verwaltungsbeirat nicht nachgekommen.

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung rügen die Beklagten vom Ergebnis her unzutreffende Rechtsanwendung. Sie vertreten weiter die Ansicht, dass es klägerseitig der Darlegung einer Pflichtverletzung des Verwaltungsbeirates und eines hieraus drohenden Schadens für die Eigentümergemeinschaft bedürfe, woran es fehle.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 24.11.2020 – 44 C 1088/19 WEG – in Ziffer

2. abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das amtsgerichtliche Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Da das Verfahren vor dem 1. Dezember 2020 rechtshängig wurde, ist es gemäß der Übergangsbestimmung des nunmehr geltenden § 48 Abs. 5 WEG nach den im III. Teil des WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung geregelten Verfahrensvorschriften (§§ 4350 WEG aF) gegen die übrigen Eigentümer weiter zu führen. Materiell ist der gefasste Beschluss im Grundsatz nach dem bei Beschlussfassung geltenden Recht zu beurteilen (BGH, Urteil vom 16.01.2009, V ZR 74/08, Rn. 12, für die Anfechtung von Beschlüssen anlässlich der Änderung des WEG vom 26.03.2007, BGBl. I S. 370, die vor dem 1. Juli 2007 gefasst wurden; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.01.2021 – 2-13 S 26/20 – juris Rn. 14 und Urteil vom 17.12.2020 – 2-13 S 108/20 – juris Rn. 7; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 14 Rn. 223).

Die Kammer lässt die Berufung zu (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), nachdem das Amtsgericht von seinem Standpunkt aus wegen des erstinstanzlich festgesetzten hohen Gesamtstreitwertes und des von ihm mit 1.500 EUR angenommenen Einzelstreitwertes für den Beiratsentlastungsbeschluss keinen Anlass gesehen hat, über die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zu entscheiden, die Beschwer der Beklagten für ihr im Berufungsverfahren weiterverfolgtes Begehren nicht mehr als 600 EUR beträgt und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.03.2017, V ZB 113/16, Rn. 14, vom 21.01.2016, V ZB 66/15, Rn. 15, vom 29.01.2015, V ZB 179/14, Rn. 7 und vom 06.10.2011, V ZB 72/11, Rn. 6 f. – jeweils zitiert nach juris).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils durch Abweisung der Klage auf Ungültigerklärung des streitbefangenen Beschlusses über die Entlastung der Beiratsmitglieder für ihre Tätigkeit im Jahr 2018, weil der geltend gemachte formelle...

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