Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Nachgehend
Tenor
Die Anträge der Angeklagten auf Aufhebung folgender Beschlüsse des Amtsgerichts Offenburg – Ermittlungsrichter – werden abgelehnt:
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 20.10.2000 – 3 Gs 83/00 – (Band I AS. 105) betreffend der Wohnung der Angeklagten …
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 20.10.2000 – 3 Gs 83/00 – (Band I AS. 59) betreffend die Geschäftsräume der …
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 25.10.2000 – 3 Gs 88/00 – (Band AS. 189) betreffend die Wohnung beider Angeklagter;
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 11.12.2000 – 3 Gs 117/00 – (Band I AS. 331) betreffend die Geschäftsräume der …
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 29.01.2001 – 3 Gs 6/01 (Band I AS. 369) betreffend die Geschäftsräume der …
Tatbestand
I.
Anlässlich einer groß angelegten Untersuchungsmaßnahme der Steuerfahndung … wurden bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume der … der ehemaligen … und der ehemaligen … unter anderem Zinscoupons sichergestellt. Die Coupons waren im Ausland eingelöst worden. Die Ermittlungen ergaben, dass sie zu einer Inhaberschuldverschreibung von …, Adresse … gehörten. Nach weiterer Überprüfung stellte sich heraus, dass diese Person steuerlich nicht registriert war. Aufgrund dieser Tatsache entstand der Verdacht, dass “…” die Steuern aus diesen Zinscoupons hinterzogen haben dürfte. Die Ermittlungsbehörden erwirkten daher bei dem zuständigen Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Offenburg am 20.10.2000 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss – AZ 3 Gs 83/00 – (Band I AS 105) für die Wohnung und Person “…”.
Vor Ort stellte sich heraus, dass an dieser Adresse das Ehepaar … wohnt. “…” ist der Mädchenname der seit 1964 verheirateten Frau …
Die Durchsuchung wurde vollzogen. Dabei wurde umfängliches Beweismaterial aufgefunden, welches das Ehepaar…nach erfolgter Belehrung freiwillig herausgab. Bei der anschließenden Vernehmung legten die Beschuldigten ein Teilgeständnis ab. Aufgrund dieses Teilgeständnisses und der ausgewerteten Unterlagen kam es in der Folge zu vier weiteren Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen für die Wohnung und Geschäftsräume der Eheleute … sowie Geschäftsräume verschiedener Banken, um Kontounterlagen der Eheleute … bzw. der “…” zu beschlagnahmen.
Gegen diese Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen des Ermittlungsrichters legten die Angeklagten in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Offenburg – Strafrichter – Beschwerde ein (Band VI AS 2389 ff, 2403 ff, 2487 f) und zwar die Angeklagte … bezüglich aller Anordnungen und der Angeklagte … bezüglich der Anordnungen vom 20.10.2000 (betreffend die Wohnung der Angeklagten), vom 25.10.2000, 11.12.2002 und vom 29.01.2001.
Mit Verfügung vom 18.09.2002 hat das Amtgericht Offenburg – Strafrichter – den Beschwerden nicht abgeholfen (Band V AS 2063 ff).
Inzwischen hat das Amtsgericht Offenburg – Strafrichter – am 06.11.2002 das Urteil in der Strafsache verkündet (Band VI AS 2223 ff.)
Gegen das Urteil haben sowohl die Angeklagten (Band VI AS 2309 ff und AS 2319 f) als auch die Staatsanwaltschaft bezüglich beider Angeklagter Berufung eingelegt (Band VI AS 2317).
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Anträge der Angeklagten auf Aufhebung der Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme in den oben genannten Beschlüssen sind zulässig.
a) Nachdem in der Hauptsache für die Angeklagte … mit Schriftsatz vom 06.11.2002 (Band VI AS 2309 ff) und für den Angeklagten … mit Schriftsatz vom 08.11.2002 (Band VI AS 2319 f) in zulässiger Weise Berufungen eingelegt wurden, sind die Beschwerden als Anträge auf Aufhebung der genannten Anordnungen auszulegen und von der Berufungskammer zu bescheiden (vgl. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 08.07.2003 – 2 Ws 116/03 [Band VI AS 2575 ff] sowie KK-Nack StPO 5. A. § 98 Rn. 9).
b) Die Anträge auf Aufhebung beider Anordnungen (Durchsuchung und Beschlagnahme) sind zulässig, obwohl die Durchsuchungen bereits erledigt sind. Nach ständiger Rechtsprechung gebietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Überprüfung einer prozessual überholten Maßnahme dann, wenn diese einen tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte des Betroffenen darstellt; dies ist bei Durchsuchungen aufgrund der Bedeutung des Art. 13 GG regelmäßig der Fall (BVerfGE 42, 212, 218: 81, 138, 140 f; BVerfG NJW 1994, 3281, 3282).
c) Die Angeklagten sind durch die jeweils von ihnen angefochtenen Beschlüsse auch beschwert. Dies gilt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Offenburg auch für die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen vom 20.10.2000, 11.12.2000, 29.01.2001, welche sich auf Geschäftsräume von Banken beziehen. Zwar sind die Angeklagten in diesen Fällen nicht Inhaber des Hausrechts und ihr Grundrecht aus Art. 13 GG ist nicht betroffen. Gleichwohl wird durch die Durchsuchung aller sie betreffenden Daten und Unterlagen ebenso intensiv in das Recht der Angeklagten auf informationelle Selbstbestimmung (...