Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Mietminderung. Zu geringe Gesamtgrundfläche. Terrassen keine Wohnfläche. Rückforderung früherer Überzahlungen
Leitsatz (redaktionell)
- Der Mieter kann eine Mietminderung wegen zu geringer Wohnfläche geltend machen, wobei es keiner weiteren Feststellungen der Minderung der Tauglichkeit der Wohnung mehr bedarf bei einer Abweichung von mehr als 10 % von der vereinbarte Fläche.
- Nach der Zweiten Berechnungsverordnung gehören Terrassen nicht zur Wohnfläche, sondern zum Garten.
- Frühere Überzahlungen können nach § 812 BGB zurückgefordert werden.
Normenkette
II. BV § 44; BGB § 536 Abs. 1, § 812
Verfahrensgang
AG Güstrow (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 60 C 145/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Amtsgerichts Güstrow vom 28.11.2003 – 60 C 145/03 – geändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte zu 1. zur Zahlung von mehr als 1.148,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils
346,01 EUR seit dem 06.11.2002
433,91 EUR seit dem 06.12.2002
120,23 EUR seit dem 08.01.2003
145,53 EUR seit dem 06.02.2003
20,53 EUR seit dem 06.03.2003
20,53 EUR seit dem 04.04.2003
20,53 EUR seit dem 07.05.2003
20,53 EUR seit dem 05.06.2003
20,53 EUR seit dem 04.07.2003
verurteilt worden ist.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden den Parteien wie folgt auferlegt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu 43 %, die Beklagte zu 1. zu 14 % und der Beklagte zu 2. zu 43 %. Die Klägerin trägt 72 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 13 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 68 % und im übrigen der Beklagten zu 1.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Berufungsstreitwert wird auf 3.384,27 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.
1. Die Beklagte kann sich auf eine Mietminderung wegen zu geringer Größe der Wohnung berufen. Nach dem Vertrag soll die Wohnfläche 125 m² betragen; tatsächlich beträgt die anrechenbare Gesamtgrundfläche nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nur 111,9 m². Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Terrassenfläche nicht anzurechnen. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß auch bei frei finanziertem Wohnraum die Wohnflächenermittlung nach den Bestimmungen der (bis Ende 2003 geltenden) §§ 42–44 der Zweiten Berechnungsverordnung herangezogen werden können (BGH NJW 2004, 2230). § 44 der II. BV berücksichtigt die hälftige Grundflächen von Balkonen, Loggien und Dachgärten, Freisitze aber nur, soweit es sich um gedeckte handelt. Terrassen, mögen sie auch von drei Seiten eingefaßt sein, gehören danach nicht zur Wohnfläche (vgl. auch BGH NJW 2004, 1947: dort hatte die Mieter, vom BGH unbeanstandet, nur den überdachten Teil einer Terrasse in die Berechnung aufgenommen). Dies entspricht auch der Auffassung des erkennenden Gerichts. Nach gängiger Meinung zählt eine freie Terrasse zum Garten, nicht zur Wohnung.
Bei einer Abweichung von mehr als 10 % von der vereinbarten Fläche bedarf es keiner weiteren Feststellung der Minderung der Tauglichkeit der Wohnung; vielmehr kann der Mieter die Miete um den Prozentsatz der Abweichung mindern und fühere Überzahlungen nach § 812 BGB zurückfordern (BGH a.a.O.).
Dies führt hier zu einer Reduzierung der monatlich geschuldeten Kaltmiete auf das Verhältnis von 111,9 zu 125, mithin 89,52 %. Hieraus errechnet sich ein Mietzins kalt von 595,02 EUR sowie eine Überzahlung von Januar 2001 bis Juli 2002 (19 Monate) von 1.323,54 EUR.
2. Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit die Beklagte mehr als die vom Amtsgericht zuerkanten Minderungbeträge wegen Feuchtigkeitsmängeln (66,47 EUR für die Monate September bis Dezember 2002 und 33,24 EUR ab Januar 2003) geltend macht. Das Amtsgericht hat die Wohnung in Augenschein genommen und die Feuchtigkeitsschäden im Wohnzimmer mit 5 % bemessen; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Berufung hiergegen beschränkt sich auf allgemeine Ausführungen zur eingeschränkten Nutzbarkeit des Zimmers, läßt aber ein Ausmaß der Beeinträchtigungen, die eine höhere Minderung rechtfertigen würde, nicht erkennen.
3. Die berechtigte Klagforderung setzt sich danach wie folgt zusammen:
Auszugehen ist von der Kaltmiete für die streitgegenständlichen Zeitraum von 12 * 595,02 = 7.140,24 EUR. Soweit in der Klagforderung noch Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlung enthalten sind, sind diese unbegründet, weil längst Abrechnungsreife eingetreten ist, wodurch der Vorschußanspruch untergeht.
Abzuziehen sind: Minderungsbeträge wegen der Feuchtigkeit, also 4 * 66,47 EUR = 265,88 EUR sowie 7 * 33,24 = 232,68 EUR, ferner Zahlungen auf die Nettokaltmiete der betreffenden Monate von insgesamt 4.169,81 EUR. Auf die Aufstellung der Zahlungen auf S. 7 des amtsgerichtlichen Urteils wird insow...