Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Sonderkündigungsrecht des Erstehers (§ 57 a ZVG) im Teilungsversteigerungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Das Sonderkündigungsrecht des Erstehers (§ 57 a ZVG) ist in einem Teilungsversteigerungsverfahren ausgeschlossen (§ 183 ZVG).
2. Wenn der Ersteher bei der Abgabe seines Höchstgebotes irrtümlich annimmt, ihm stehe ein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Wohnraummieter zu, rechtfertigt dies jedenfalls dann nicht die Aufhebung des ihm erteilten Zuschlages im Beschwerdeverfahren, wenn lediglich die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten sind.
3. Auch die durch § 57 a ZVG privilegierte Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses steht unter dem Vorbehalt des gesetzlichen Kündigungsschutzes des Wohnraummieters.
4. Der Vorteil des sonderkündigungsberechtigten Erstehers beschränkt sich auf den möglichen Zeitgewinn, dass ihm ein von vertraglich vorgesehenen Kündigungsfristen unabhängiges Kündigungsrecht zusteht.
Normenkette
BGB §§ 119, 573-574; ZVG §§ 57a, 81, 83 Nrn. 6-7, § 100 Abs. 1, § 183
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 89.000,– Euro.
Tatbestand
A
Das Amtsgericht St. Wendel hat auf den Antrag der Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 7.4.2006 die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung und Auseinandersetzung der ungeteilten Erbengemeinschaft der Beteiligten an dem Grundstück eingetragen im Grundbuch von Bliesen Blatt … laufende Nummer … Flur … Flurstück … angeordnet.
In dem Protokoll des Versteigerungstermins des Amtsgerichts vom … ist u. a. festgehalten, dass der zuständige Rechtspfleger bekannt gemacht hat, dass das Objekt vermietet ist und dass er auf das gesetzliche Sonderkündigungsrecht hingewiesen hat.
In diesem Versteigerungstermin hat die Beschwerdeführerin in Höhe von 89.000,– Euro das Meistgebot abgegeben, so dass ihr durch den am 8.10.2009 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts das vorgenannte Grundstück für den durch Barzahlung zu berichtigenden Betrag von 89.000,– Euro zugeschlagen worden ist.
Am 16.10.2009 hat die Antragstellerin gegen den Zuschlagsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben.
Sie trägt vor, in dem Versteigerungstermin am … seien die Beteiligten durch das Gericht auf ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht hingewiesen worden.
Sie habe nur deshalb ein Gebot auf das Objekt abgegeben, weil sie darauf vertraut habe, dass dieses Sonderkündigungsrecht bestehe.
Ihr sei bekannt, dass es ohne dieses Sonderkündigungsrecht schwierig sein dürfte, das bestehende Mietverhältnis aufzulösen. Sie habe die Absicht, das Objekt nach der Auflösung des Mietverhältnisses zu verkaufen.
Durch eine nachträgliche anwaltliche Beratung habe sie erfahren, dass das Sonderkündigungsrecht in einem Teilungsversteigerungsverfahren keine Anwendung finde.
Die Antragsgegner haben erwidert, in Bezug auf das Sonderkündigungsrecht sei bei der Versteigerung darauf hingewiesen worden, dass das Sonderkündigungsrecht für diesen Teil nicht anwendbar sei und die normalen gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten seien.
Des Weiteren habe der zuständige Rechtspfleger darauf hingewiesen, das Anwesen sei vermietet und das Mietverhältnis bleibe bei Erwerb unberührt.
In diesem Zusammenhang sei ein Sonderkündigungsrecht ausgeschlossen worden.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
B
I.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 95 ZVG, 567, 569 ZPO zulässig, sie ist insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist eingelegt worden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Nach § 100 Abs. 1 ZVG kann die Zuschlagsbeschwerde nur darauf gestützt werden, dass eine der Vorschriften der §§ 81, 83 – 85 a verletzt oder dass der Zuschlag u. a. als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteil ist.
2. Da gemäß § 81 ZVG, auf den in § 100 Abs. 1 ZVG verwiesen wird, der Zuschlag nur auf das wirksame Gebot des Meistbietenden erteilt werden darf (vgl. OLG Hamm, Rechtspfleger 1998, 438, 439; OLG Frankfurt Rechtspfleger 1980, 441, 442), ist es anerkannt, dass ein Bieter mit der Zuschlagsbeschwerde geltend machen darf, dass das von ihm im Versteigerungstermin abgegebene Gebot unwirksam gewesen sei (vgl. BGH NJW 2008, 2442, zitiert nach Juris Rdnr. 8; RGZ 54, 308, 310).
3. Das Meistgebot der Beschwerdeführerin, auf das der Zuschlag erteilt worden ist, wäre dann unwirksam, wenn es gemäß §§ 119 ff BGB angefochten werden könnte. Die Anfechtbarkeit eines Gebotes in der Zwangsversteigerung nach den Regeln der Anfechtung einer Willenserklärung wird von der Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte bejaht (vgl. OLG Frankfurt Rechtspfleger 1980, 441, 442; OLG Hamm Rechtspfleger 1998, 438, 439).
Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsfrage bislang offen gelassen (vgl. dazu BGH a.a.O., Juris Rdnr. 12; BGH NJW-RR ...