Versagung des Zuschlags wegen unfairen Bieterverhaltens

Einem Bieter, der bei einer Teilungsversteigerung eines Grundstücks potenzielle Mitbieter durch gezielte Falschinformationen abschreckt, kann der Zuschlag des Grundstücks wegen unfairen Verhaltens versagt werden.

Auch bei der Teilungsversteigerung eines Grundstücks gilt der Grundsatz des fairen Verfahrens. Verunsichert ein Bieter die übrigen Interessenten durch unrichtige, manipulative Informationen, mit dem Ziel, das Grundstück selbst möglichst günstig zu ersteigen, so kann ihm der Zuschlag in Ermangelung eines fairen Versteigerungsverfahrens versagt werden.

Ehemann wollte bei Teilungsversteigerung mitbieten

Ein Ehepaar hatte im Rahmen eines Scheidungsverfahrens die Teilungsversteigerung des gemeinsamen Hauses eingeleitet. Der Ehemann hatte vor, mitzubieten und das Haus selbst zu ersteigen. Angesichts des beim Versteigerungstermin gut gefüllten Gerichtssaales befürchtete er, dass die zahlreich erschienenen Bieter sich bei den Geboten gegenseitig zu übertreffen versuchen und dadurch seine Absicht, das Haus möglichst günstig zu ergattern, gefährdet würde.

Falschinformationen zur Abschreckung der Mitinteressenten

Der Ehemann unterrichtete die erschienenen Interessenten darüber, dass er Vollstreckungsschutz beantragt und Erinnerung gegen die Vollstreckung eingereicht habe. Er erklärte wahrheitswidrig, er sei pflegebedürftig und für ihn sei die Pflegestufe III anerkannt. Deshalb sei es ihm unzumutbar, das Haus zu verlassen. Teile des Objekts seien im Übrigen an Ausländer vermietet. Sein Anwalt erklärte darüber hinaus, das Grundstück sei noch mit Grundschulden in Höhe von 200.000 EUR belastet. Wer die Grundschuldgläubiger seien, sei weitgehend ungeklärt.

Abschreckung hat funktioniert

Diese Erklärungen zeigten die beabsichtigte Wirkung. Außer dem Ehemann gab keiner der Erschienenen ein Gebot ab. Das Gebot des Ehemanns lag 53 Cent über dem in bar zu erbringenden geringsten Gebot. Die Ehefrau forderte, wegen dieses Verhaltens ihres Mannes, diesem den Zuschlag zu versagen und hatte mit ihrer Forderung beim zuständigen Vollstreckungsgericht Erfolg.

Versagung des Zuschlags war rechtens

Nicht erfolgreich waren demgegenüber die Beschwerden des Ehemanns gegen die Versagung des Zuschlags. In der Rechtsbeschwerdeinstanz bestätigte der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach der Zuschlag gem. § 100 Abs. 3 in Verbindung mit § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen ist, wenn das Vollstreckungsverfahren gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen hat. Der Beschwerdeführer habe mit gezielt unrichtigen Erklärungen versucht, die übrigen Interessenten von der Abgabe eines Angebots abzuhalten. Dies sei ihm auch gelungen.

In der Gesamtschau war das Verfahren nicht fair

Der BGH gestand dem Beschwerdeführer zu, dass er auch als Ehemann selbst habe mitbieten dürfen. Auch habe er Vollstreckungsschutz beantragen und Erinnerung gegen die Vollstreckung einlegen dürfen. Die Beurteilung der Vorinstanz, er habe diese Rechtsbehelfe mit dem Ziel der Verunsicherung der übrigen Bietinteressenten eingelegt, sei jedoch in tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die gezielte Beeinflussung anderer Interessenten durch bewusste Falschinformationen führte jedenfalls dazu, dass das Verfahren in der Gesamtschau mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens nicht vereinbar sei (BGH, Beschluss v. 14.7.2011, V ZB 25/11).

Auslegung der Verfahrensvorschriften im Lichte der Eigentumsgarantie

Schließlich war nach Auffassung des BGH zugunsten der Ehefrau des Beschwerdeführers auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Diese erfordere bei einer Zwangsversteigerung oder Teilungsversteigerung von Grundstücken eine faire Verfahrensführung und eine der Verschleuderung von Grundvermögen entgegenwirkende Auslegung der Verfahrensvorschriften (BGH, Beschluss v. 22.1.2009, V ZB 101/08).

Beschwerdeführer bestreitet die Wirkung seines Verhaltens

Der Beschwerdeführer wandte ein, es sei überhaupt nicht geklärt, ob seine gegenüber den potenziellen Mitbietern abgegebenen Erklärungen diese tatsächlich von der Abgabe von Angeboten abgehalten hätten. Es sei denkbar, dass diese auch ohne die von ihm gestreuten Informationen nicht die Absicht gehabt hätten, mitzubieten, sondern lediglich als Beobachter zum Versteigerungstermin erschienen seien.

Verstoß gegen faires Verfahren ist absoluter Versagungsgrund

Diese Einwendung war nach der Entscheidung des BGH unerheblich. Eine Kausalität zwischen dem unfairen Verhalten des Beschwerdeführers und dem Ergebnis des Versteigerungsverfahrens sei nicht erforderlich, im vorliegenden Fall aber dennoch wahrscheinlich. Der Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens sei evident und führe bereits als solcher zu der Rechtsfolge der Versagung des Zuschlags.

(BGH, Beschluss v. 18.7.2024, V ZB 43/23)