Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauer der Rechnungslegungspflicht eines Betreuers. Rechenschaftspflicht. Verzichtserklärung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Beendigung einer gemäß § 1896 BGB angeordneten rechtlichen Betreuung ist der Betreuer dem Vormundschaftsgericht gegenüber nicht mehr gemäß § 1840 BGB zur Rechnungslegung verpflichtet.
2. An die Stelle der Rechnungslegungspflicht tritt die Rechenschaftspflicht nach § 1890 BGB, die das Vormundschaftsgericht grundsätzlich durch die Verhängung von Zwangsgeld durchsetzen kann.
3. Verzichtet der ehemalige Betreute oder sein Rechtsnachfolger auf die Rechenschaft durch den Betreuer, darf das Vormundschaftsgericht zur Durchsetzung dieser Pflicht gegen den Betreuer kein Zwangsgeld mehr anordnen.
4. Erklärt der ehemalige Betreute oder sein Rechtsnachfolger die Anfechtung der Verzichtserklärung, ist der Streit um die Wirksamkeit der Anfechtung nicht von dem Vormundschaftsgericht zu entscheiden, sondern vor dem Prozessgericht auszutragen.
Normenkette
BGB §§ 397, 1837, 1839-1840, 1843, 1890, 1892, 1896, 1908i; FGG § 20
Verfahrensgang
AG Völklingen (Beschluss vom 18.12.2008) |
AG Völklingen (Beschluss vom 24.11.2008) |
Tenor
Die Beschlüsse des Amtsgerichts Völklingen vom 24.11.2008 und vom 18.12.2008 werden aufgehoben.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer war Betreuer der am 30. Juli 2008 verstorbenen Frau …. Die Betreuung bestand in den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge. Sie wurde zuletzt mit Beschluss vom 9. September 2005 verlängert.
Die Betroffene unterhielt bei der Hypovereinsbank ein Sparkonto mit der Konto-Nr. …. Dieses Konto hatte Anfang Januar 2006 ein Guthaben in Höhe von mehr als 141.000,00 Euro. Bis zum 17. Juli 2008 hat sich dieses Guthaben bis auf 20.368,05 Euro verringert (Bl. 321 ff. d.A.).
Die Betreute wurde von vier Miterben beerbt, denen Erbschein erteilt wurde. Diese bevollmächtigten Herrn … mit der uneingeschränkten Vertretung in allen Nachlasssachen (Bl. 333 d.A.). Unter dem 31. Juli 2008 hat dieser Vertreter für die Erbengemeinschaft eine Urkunde unterzeichnet, die mit „Entlastungserklärung” überschrieben ist und in der es heißt:
„Auf eine förmliche Schlussrechnung und Prüfung durch das Gericht wird verzichtet! Dem früheren Betreuer wird Entlastung erteilt. Es wird bestätigt, dass keine Forderungen bestehen.
…” …
Für den genauen Inhalt der Urkunde wird auf Bl. 334 der Akten Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 16. Oktober 2008 hat das Amtsgericht den Beschwerdeführer gebeten, bis zum 23. Oktober 2008 ordnungsgemäß Rechnung über das Vermögen der Betroffenen für die Jahre 2006, 2007 und bis zum Todestag der Betroffenen am 30.07.2008 zu legen. Dabei wurde er ausdrücklich aufgefordert, das bei der Hypovereinsbank für die Betroffene unter der Konto-Nr. … geführte Sparguthaben dergestalt detailliert abzurechnen, dass zu jeder Barabhebung die entsprechende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vorzulegen sei und zum Verbleib des Geldes ausführlicher Sachvortrag zu erfolgen habe (Bl. 311 d.A.). Abschließend heißt es: „Nach Ablauf der gesetzten Frist wird gegen Sie ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 Euro festgesetzt werden.
In einem auf den 24. Oktober 2008 datierten „Prüfbericht” hat das Amtsgericht ausgeführt, in dem Zeitraum vom 1.1.2006 bis 30.7.2008 habe sich das Vermögen der Betreuten um 113.216,00 Euro verringert, ohne dass erkennbar sei, wofür dieser Betrag eingesetzt worden sei. Deshalb könne eine Entlastung des Betreuers für diesen Zeitraum nicht erfolgen (Bl. 335 d.A.).
Nachdem das zunächst angedrohte Zwangsgeld mit Beschluss vom 24. Oktober 2008 festgesetzt worden war (Bl. 337 d.A.), hat das Amtsgericht unter dem 18. November 2008 seine Aufforderung vom 16. Oktober 2008 wiederholt und jetzt Frist bis zum 21. November 2008 gesetzt. Gleichzeitig wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Bl. 343 d.A.).
Diese Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer am 18. November 2008 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 21. November 2008, der am selben Tag bei dem Amtsgericht einging, hat der Beschwerdeführer die Endguthaben von vier verschiedenen Konten der Betreuten zu ihrem Todestag mitgeteilt (Bl. 350 d.A.). Darüber hinaus hat er ausgeführt, die Barauszahlungen zu Lasten des Sparkontos bei der Hypovereinsbank könnten lückenlos belegt werden. Der Beschwerdeführer sei im Besitz sämtlicher Originalbelege. Angesichts der Entlastungserklärung der Erbengemeinschaft werde um Mitteilung gebeten, ob die Belege im Original oder in Fotokopie hereingereicht werden sollten.
Daraufhin hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 24. November 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro festgesetzt und dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung des Amtsgerichts nicht nachgekommen sei, weil er die Verwendung der Barabhebungen nicht nachgewiesen habe. Gleichzeitig wurde ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro für den Fall angedroht, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung des Amtsgerichts weiterhin nicht nachkomme ...