Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldansprüche bei bergbaubedingten Erderschütterungen
Leitsatz (amtlich)
Zur Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen im Zusammenhang mit bergbaubedingten Erderschütterungen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 906; BBergG §§ 63-64, 114 Abs. 2 Nr. 3, § 117 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Lebach (Urteil vom 13.11.2007; Aktenzeichen 3A C 175/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 13.11.2007 – Az. 3A C 175/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Hausfrau und bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann und schulpflichtigen Kindern ein Eigenheim in Schmelz-Hüttersdorf. Seit dem Tod zweier Angehöriger in den Jahren 1996 und 1997 leidet sie an depressionsartigen Belastungszuständen. Seit Februar 2004 befindet sie sich deswegen in ärztlicher Behandlung bei dem als Zeugen benannten ….
Die DSK AG betreibt für Rechnung und Auftrag der Beklagten Bergbau, infolge dessen es im zum Abbaugebiet gehörenden Feld Dilsburg in den Jahren 2005 und 2006 zu Erderschütterungen gekommen ist. Hierbei wurden Schwinggeschwindigkeiten von bis zu 71 mm/s gemessen.
Mit der Behauptung, aufgrund von seit Februar 2005 wiederkehrenden, bergbaubedingten Erderschütterungen habe sie seit März 2005 erhebliche psychische Probleme in Form einer Phobie sowie psychosomatische Beschwerden davon getragen und leide seitdem an Schlaflosigkeit und ständigen Angstzuständen in Erwartung weiterer Beben, hat die Klägerin erstinstanzlich Schmerzensgeld von mindestens 4.000 EUR sowie Mehraufwand für zusätzliche Medikation von pauschal 1.000 EUR und vorgerichtliche Anwaltskosten von 174,59 EUR jeweils nebst gesetzlichen Zinsen geltend gemacht.
Hierzu hat sie vorgetragen, die im Raum Hüttersdorf gemessenen Schwingungswerte der Erderschütterungen lägen über den zumutbaren Werten von 5 mm/s nach der DIN 4150 Teil 3. Im Raum Lebach habe es von Januar bis März 2005 23 Beben, von März 2005 bis Mitte Mai 2006 42 kleinere Erschütterungen und im Februar und März 2006 2 starke Beben gegeben. Die Beklagte habe ferner Bergbau in nicht genehmigungskonformer Weise betrieben, indem sie Auflagen nicht befolgt und auf gebotene Schutzmaßnahmen verzichtet hätte. Sie habe nämlich die bergbaubedingt entstehenden Hohlräume weder verfüllt noch abgestützt, obwohl dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden gewesen wäre. Sie habe ferner fehlerhaft im Doppelstrebverfahren auf über 100 Meter Breite abgebaut und die Ablauffronten zu eng beieinander geführt. Durch die dabei entstehenden großen Hohlräume habe man das Brechen großer Sandsteinbänke in Kauf genommen. Schließlich sei die Abbaugeschwindigkeit zu hoch gewesen und habe sich nachteilig auf das Risiko von Erschütterungen ausgewirkt. Im Übrigen bezweifelt die Klägerin die Richtigkeit der Schwinggeschwindigkeitsmessungen der Beklagten. Diese habe willkürlich Messgeräte aufstellen lassen und verabsäumt, bereits nach den ersten spürbaren Erschütterungen eine umfassende Aufnahme der hinsichtlich der DIN 4150 maßgeblichen Daten durchzuführen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Erschütterungen im Bereich des Wohnortes der Klägerin seien nur unwesentlich gewesen, so dass diese gem. § 906 BGB zu dulden gewesen seien und ein Bergschadensersatz gem. § 114 Abs. 2 Nr. 3 Bundesberggesetz (BBergG) ausgeschlossen sei. Nach ihrer Darstellung seien erstmals ab Ende April 2005 und in einem Zeitraum von 18 Monaten an der nächstgelegenen Messstelle Schmelz-Primsweiler (M 12) nur dreimal Werte geringfügig über dem Anhaltswert der DIN 4150 Teil 3 von 5 mm/s gemessen worden, nämlich am 10.5.2006 (6,09 mm/s), am 20.7.2005 (5,62 mm/s) und am 17.2.2006 (6,37 mm/s). Diese hätten sich zum Grundstück der Klägerin hin noch verringert. In 2005 seien an der Messstelle insgesamt 13 und in 2006 bis zur Klageerhebung am 20.3. insgesamt 10 im Wesentlichen geringfügige Erschütterungen registriert worden. Bis September d. J. sei es zu weiteren 19 Erschütterungen gekommen. Nur 14 dieser Erschütterungen hätten Schwinggeschwindigkeiten von mehr als 0,5 mm/s aufgewiesen und seien daher überhaupt für den Menschen wahrnehmbar.
Die Beklagte hat weiter dargelegt, dass sie auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Anton S. vom November 2001 (Anlage DSK 4, Bl. 75 d.A.) und den daraus resultierenden Vorgaben der Bergbehörde in der Sonderbetriebsplanzulassung vom 30.6.2004 (Anlage DSK 5, Bl. 81 d.A.) sämtliche in Betracht kommenden Maßnahmen zur Reduzierung abbaubedingter Erschütterungen ergriffen habe. Im Frühjahr 2005 habe man zudem in Abstimmung mit der Bergbehörde Entlastungssprengungen durchgeführt und im Februar und Mai 2005 auf gutachterlichen Vorschlag die Abbaugeschwindigkeit um jeweils 15 % reduziert. Seit Februar 2006 sei ferner ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Erprobung des sog. Hydro-Frac-Verfahrens...