Verfahrensgang
AG St. Wendel (Urteil vom 06.04.2023; Aktenzeichen 13 C 240/23) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers und Berufungsklägers gegen das am 06.04.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts St. Wendel – 13 C 240/23 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger und
Berufungskläger.
3. Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung von angeblichen Videoaufzeichnungen durch mehrere Kameras, welche vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück gerichtet sein sollen.
Der Kläger ist Mieter der im Erdgeschoss des Anwesens … in … gelegenen Wohnung, wobei er von seiner Vermieterin, Frau …, zu keinem Zeitpunkt die Erlaubnis hatte, den Garten mitzubenutzen. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks in der .. Dort befanden sich bis ca. Ende April 2023 hinter dem Haus an der rechten, zum Anwesen ., gerichteten Hausseite zwei Kameras mit Bewegungsmeldern. Während des Berufungsverfahrens errichtete der Beklagte zwei weitere Kameras, die ebenfalls zu dem Grundstück der Klägerseite hin gerichtet sind, nachdem der Kläger die zuvor dort angebrachte Kamera mit einem Stock abgeschlagen und beschädigt hatte.
Der Kläger hat behauptet, die Kameras seien so installiert, dass sie gezielt auf sein bewohntes Anwesen ausgerichtet seien. Ausgehend von der Kamerapositionierung und dem jeweiligen Schwenk- und Aufnahmebereich sei eine jederzeitige Beobachtung von weiten Teilen des Grundstücks und auch des Hauseingangs sowie eine jederzeitige Aufnahme und Überwachung möglich. Die gekoppelten Bewegungsmelder seien so angebracht, dass die Außenbeleuchtung an der Tür aufgrund des Bewegungsmelders auch dann einschalte, wenn er sich noch auf seinem Grundstück bewege, wodurch auch nachgewiesen sei, dass die Videoaufnahmen auch bei Tag getätigt werden könnten. Vor der Installation der Überwachungskamera sei der Sichtschutz an einem Zaun entfernt worden, um ein noch genaueres Sichtfeld zu haben und den Überwachungsbereich auf den Garten zu erweitern.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verpflichten, die auf seinem Grundstück in der …, … befindlichen zwei Kameras zu entfernen, hilfsweise so zu betreiben, dass eine Aufzeichnung von Geschehnissen auf seinem Grundstück nicht möglich ist und entsprechende Aufnahmen in Zukunft zu unterlassen,
- dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro anzudrohen, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten.
Der Beklagte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, er habe keine Videokameras installiert, welche das Grundstück des Klägers erfassten. Seine Ehefrau habe nach Belästigungen seitens des Klägers die Videokameras installieren lassen. Beide Kameras beträfen aber nur das eigene Grundstück und nicht den öffentlichen Raum. Der Sichtschutz sei nur wegen mehrmaliger Beschädigungen entfernt worden.
Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Amtsgericht St. Wendel hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Er sei zwar zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu. Denn das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass die Kameras das vom Kläger bewohnte Grundstück auch nur teilweise überwachen, nachdem der Beklagte anhand seines Smartphones im Rahmen der mündlichen Verhandlung belegt habe, dass mit der vor dem Haus angebrachten Kamera das Nachbargrundstück aufgrund einer Schwärzung nicht zu sehen und die entsprechende App von Anfang an so eingestellt gewesen sei. Ein Anspruch auf Unterlassung der Videoüberwachung setze nämlich voraus, dass tatsächlich eine Überwachung stattfinde oder eine solche zumindest zu befürchten sei, denn eine Videoüberwachung, die sich lediglich auf den eigenen privaten Bereich beschränke, sei grundsätzlich zulässig. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch eine Videokamera beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn nicht. Für einen Unterlassungsanspruch reiche es daher auch nicht aus, dass die Kameraeinstellung theoretisch verändert werden könne und somit auch auf das Grundstück des Klägers gerichtet werden könne, insbesondere, wenn dies wie hier nicht ohne eine äußerlich sichtbare Veränderung der Verschraubung der Kamera möglich sei. Ein Überwachungsdruck bestehe zudem nicht auf Seiten des Klägers, sondern vielmehr auf Seiten des Beklagten. Ausweislich der vorgelegten Äußerungen und des Agierens des Klägers hätten wohl Dritte Übergriffe durch diesen zu befürchten.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Der Beklagte habe ...