Leitsatz

Wenn der Stellplatz für die Mülltonnen in die Nähe eines Schlafzimmerfensters verlegt wird und zumindest in den Sommermonaten der Mittagssonne ausgesetzt ist, sodass mit Geruchsbeeinträchtigungen zu rechnen ist, stellt das eine Benachteiligung dar.

Normenkette

§ 20 Abs. 1 WEG

Das Problem

Der Aufteilungsplan sieht im Vorgartenbereich 2 gleich große, nebeneinander stehende Mülltonnenhäuschen rechts des Zugangswegs und links der Tiefgarageneinfahrt an der östlichen Grundstücksgrenze vor. Derzeit befinden sich in diesem Bereich Mülltonnenhäuschen für insgesamt 3 Mülltonnen. Ende 2019 beschließen die Wohnungseigentümer gegen die Stimme von Wohnungseigentümer K, an der straßenseitigen Grundstücksgrenze 4 Tonnenstellplätze mit entsprechenden Einhausungsboxen parallel zur Straße zu errichten, zur einen Hälfte – vom Hauseingang gesehen – rechts, zur anderen Hälfte links vom Zugangsweg zum Haus positioniert. Die Öffnung der Tonnen erfolgt zur Straße hin. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Die Neuanordnung der Mülltonnenstellplätze benachteilige ihn über das gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG vorgesehene Maß, da für ihn durch die neue Anordnung Geruchsbeeinträchtigungen entstünden. Bei der Neuanordnung handele es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung, da von dem durch den Aufteilungsplan vorgesehenen Standort abgewichen werde.

Die Entscheidung

Dies sieht das AG im Ergebnis ebenso! Der Beschluss widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Verlegung der Mülltonnenanlage (Mülltonnen samt Einhausungsboxen) sei eine bauliche Veränderung. Eine solche könne weder mit Stimmenmehrheit beschlossen noch von einem Wohnungseigentümer verlangt werden. Es sei dazu vielmehr die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, es sei denn, deren Rechte würden durch die Veränderung nicht über das in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt (BayObLG, Beschluss v. 14.2.2002, 2 Z BR 138/01). Im Fall habe K zustimmen müssen. Die Rückwand eines 80 cm tiefen Mülltonnenhäuschens liege jetzt ca. 4,20 m von seinem Schlafzimmerfenster entfernt. Eine Bepflanzung zwischen Schlafzimmerfenster und Rückwand des Mülltonnenhäuschens sei nicht vorhanden und auch nicht vorgesehen. Die Mülltonnenhäuschen seien zumindest in den Sommermonaten der Mittagssonne ausgesetzt. K dürfe daher verständlicherweise davon ausgehen, dass Geruchsbeeinträchtigungen entstehen werden. Dieser Nachteil sei auch nicht unvermeidbar. Denn den Wohnungseigentümern stehe für die Neugestaltung der Mülltonnenstellplätze die ca. 30 m lange straßenseitige Grundstücksgrenze zur Verfügung. Der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung sei keine Regelung zu entnehmen, wonach der Standort der Mülltonnen im Aufteilungsplan verbindlich festgelegt worden sei.

 

Hinweis

Problemübersicht

Im Fall geht es um die Frage, ob einer baulichen Veränderung im alten Recht alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer zustimmen mussten.

Bauliche Veränderung im alten Recht

Nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. war der Beschluss über eine bauliche Veränderung nur ordnungsmäßig, wenn alle von der baulichen Veränderung wesentlich beeinträchtigten Wohnungseigentümer zugestimmt hatten. Dieser Maßstab machte eine bauliche Veränderung häufig unmöglich.

Bauliche Veränderung im neuen Recht

Im neuen Recht wäre der Fall anders zu lösen. Auf die Frage eines Nachteils kommt es für die bauliche Veränderung selbst nicht mehr an. Dennoch kann man fragen, ob es ordnungsmäßig sein kann, so zu bauen, dass ein Wohnungseigentümer einen Nachteil erfährt, obwohl eine gangbare Alternative besteht. Ich würde das verneinen. Sieht man es so, hätten wir allerdings die alten Probleme im neuen Gewand wieder auf dem Tisch. Ich denke aber, diesen Weg sollten wir gehen. Die Lösung fällt insoweit noch leichter, wenn man die Ausgestaltung der baulichen Veränderung als einen Beschluss nach § 19 Abs. 1 WEG sieht. Denn dieser muss ordnungsmäßig sein. So liegt es aber bei einem vermeidbaren Nachteil für einen Wohnungseigentümer nicht – zumal dann, wenn durch die Alternative keine wesentlich höheren Kosten entstehen.

Entscheidung

AG München, Urteil v. 6.7.2020, 481 C 17917/19 WEG

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