1 Leitsatz
Bei durch den Beschluss der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. erstmals begründeten Nachzahlungsansprüchen hat die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres begonnen, in dem die Nachzahlung nach dem Beschluss der Abrechnung fällig gewesen ist.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 1 Satz 1 WEG; § 28 Abs. 5 WEG a. F.
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K nimmt Wohnungseigentümer B und B1 gesamtschuldnerisch auf Zahlung von Vor- und Nachschüssen in Anspruch. Die Nachschüsse sind im Jahr 2018 und 2020 begründet worden, die Vorschüsse 2016 und 2017. B und B1 wenden für 2018 Verjährung ein. Ferner meinen sie, die Beschlüsse seien nichtig. Die Jahresabrechnungen enthielten Contracting-Gebühren. Hierfür gebe es keine Beschlusskompetenz. Auch die Grundlage der Berechnung und Höhe der Contracting-Gebühren sei nicht nachvollziehbar. Das AG verurteilt B und B1, an K 5.896,72 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weist es ab. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.
4 Die Entscheidung
Mit einem geringen Erfolg! Die Beschlüsse seien auf der Grundlage des Parteivorbringens zwar anfechtbar gewesen, aber nicht nichtig. Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall – bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung – von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abwichen, sei nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (Hinweis auf BGH, Urteil v. 22.6.2018, V ZR 193/17). Es könne daher dahinstehen, ob die Contracting-Gebühren in den Jahresabrechnungen berücksichtigt werden durften. Dahinstehen könne außerdem, ob die Beklagten zu den entsprechenden Versammlungen eingeladen worden seien. Die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers führe regelmäßig – und so auch hier – nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit (Hinweis auf BGH, Urteil v. 20.7.2012, V ZR 235/11). Auch die Einrede der Verjährung habe keinen Erfolg. Bei durch den Beschluss der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. erstmals begründeten Nachzahlungsansprüchen habe die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres begonnen, in dem die Nachzahlung nach dem Beschluss der Abrechnung fällig gewesen sei. Das waren die Jahre 2018 und 2020. Durch die Zustellung eines Mahnbescheides in 2021 und die Überleitung ins streitige Verfahren sei die Verjährung gehemmt worden. Für die Vorschüsse habe die Verjährung allerdings bereits 2016 und 2017 begonnen. Daher seien die Beklagten gemäß § 214 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2019 hinsichtlich der Ansprüche auf rückständige Vorschüsse des Jahres 2016 (169,92 EUR) und mit Ablauf des Jahres 2020 bezüglich der rückständigen Vorschüsse des Jahres 2017 (180 EUR) berechtigt, die Leistung zu verweigern.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, wann die Verjährung für Vor- und Nachschüsse beginnt.
Hausgeld und Verjährung
Die Ansprüche auf Zahlung von Hausgeld verjähren nach § 195 BGB grundsätzlich in 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem das jeweilige Hausgeld fällig war (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG führt nicht zu einem Neubeginn der Ansprüche aus § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG. Werden die Ansprüche aus § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG nochmals nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG beschlossen, ändert das nichts am Lauf der Verjährung. Der Lauf der Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Hausgeldanspruch entstanden ist (Entstehung) und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Kenntnis). Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren Hausgeldansprüche in 10 Jahren von ihrer Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). Unter dem Zeitpunkt der erstmaligen Entstehung eines Hausgeldanspruchs ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem er von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Hausgeldklage durchgesetzt werden kann.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Die Verwaltungen müssen ein Forderungsmanagement betreiben und wissen, welche Hausgeldforderungen wann entstanden sind. Ferner müssen sie wissen, wann Verjährung droht.
6 Entscheidung
LG Landau, Urteil v. 28.7.2023, 5 S 28/22