2.1 Gesetzeslage

Neue Technik

Manche Grundstücke sind mit Dienstbarkeiten zugunsten von Versorgungsunternehmen belastet, die dort ihre Leitungen für Erdgas oder dergleichen verlegt haben. Inzwischen werden die vorhandenen Trassen verstärkt für die Neuverlegung von Leerrohren und Lichtwellenleiterkabeln zwecks Errichtung einer Telekommunikationslinie genutzt.

Zur Förderung der neuen Technologien wurde das Telekommunikationsgesetz (TKG)[1] erlassen. Es wurde im Jahr 2004 zur Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht neu gefasst[2] und im Jahr 2012 novelliert.[3] Dabei wurden u. a. die Duldungspflichten von Grundstückseigentümern bei Ausbaumaßnahmen für moderne Glasfaserinfrastrukturen spürbar ausgeweitet.

Erneute Gesetzesänderung

Die weiter zunehmende Digitalisierung erfordert inzwischen eine flächendeckende Verfügbarkeit von Telekommunikationsdiensten mit hohen Bandbreiten. Zur Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie trat jüngst das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz in Kraft.[4]

Durch Art. 1 dieses Gesetzes wurde auch das Telekommunikationsgesetz neu gefasst.[5]

[1] In Kraft seit 1.8.1996, BGBl 1996 I S. 1120; vgl. dazu näher Schütz, NVwZ 1996, S. 1053.
[2] BGBl 2004 I S. 1190; vgl. ausführlich Scherer, NJW 2004, S. 3001.
[3] Art. 1 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen v. 3.5.2012, BGBl I S. 1717, in Kraft seit 10.5.2012; dazu eingehend Freund/Bary, NVwZ 2012, S. 1504; ferner Scherer/Heinickel, NVwZ 2012, S. 585.
[4] Gesetz v. 23.6.2021, BGBl. I S. 1858, dazu BT-Drs. 19/26108.
[5] In Kraft seit 1.12.2021.

2.2 Was bringt das neue TKG?

Wegerechte und Mitbenutzung

Die Bestimmungen zur Benutzung von öffentlichen Verkehrswegen und privaten Grundstücken in §§ 68  ff. TKG a. F., die sich in der Rechtspraxis bewährt haben, sind mit einigen Anpassungen in §§ 125 ff. TKG n. F. übernommen worden.[1] Dabei finden sich die Regelungen über Pflichten zur Duldung einer Benutzung privater Grundstücke und damit korrespondierender Ausgleichs- und Schadensersatzsprüche (§ 76 TKG a. F.) nun in § 134 TKG n. F. – allerdings mit einigen Änderungen und Anpassungen. So wird die Duldungspflicht in § 134 Abs. 1 TKG nunmehr auf Netze mit sehr hoher Kapazität[2] beschränkt. Aufgenommen wurde in § 134 Abs. 1 Nr. 3 TKG n. F. ein neuer Duldungstatbestand, wonach eine Duldungspflicht auch für im öffentlichen Eigentum stehende Verkehrswege besteht, die wie ein Verkehrsweg genutzt werden, ohne entsprechend gewidmet zu sein (Wirtschaftswege). § 134 Abs. 2 TKG formuliert nunmehr eine Klarstellung, inwieweit Grundstückseigentümer auch das Überfahren ihres Grundstücks zu dulden haben.

Insgesamt sind die Neuerungen jedoch für den privaten Grundstückseigentümer marginal, so dass grundsätzlich auf die Rechtsprechung zur alten Gesetzesfassung zurückgegriffen werden kann.

Definition

In dem Gesetz sind Telekommunikationslinien definiert als "unter- oder oberirdisch geführte Telekommunikationskabelanlagen einschließlich ihrer zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre".[3] Auch ein Multifunktionsgehäuse, das einen veralteten Kabelverzweiger ersetzt, unterfällt dem Oberbegriff der Telekommunikationslinien.[4]

Eigentumsverhältnisse

Die Betreiberin eines im Erdreich verlegten Telekommunikationskabels ist grundsätzlich auch als dessen Eigentümerin anzusehen, da derartige Leitungen nur Scheinbestandteile des Grundstücks sind.[5]

[1] Eingehend Freund/Mengel, NVwZ 2022, S. 24, 27.
[2] Definition in § 3 Nr. 33 TKG n. F.
[3] § 3 Nr. 64 TKG n. F. = § 3 Nr. 26 TKG a. F.

2.3 Duldungspflicht

Vorrang für neue Technik

Nach § 134 Abs. 1 Nr. 1 TKG n. F.[1] kann der Grundstückseigentümer zum einen die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien und zum anderen den Anschluss der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude an Netze mit sehr hoher Kapazität insoweit nicht verbieten, als auf seinem Grundstück einschließlich der Gebäudeanschlüsse eine durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch für die Errichtung, den Betrieb oder die Erneuerung einer Telekommunikationslinie genutzt wird.

Weitere Voraussetzung für diese Duldungspflicht ist, dass mit den genannten Maßnahmen keine dauerhafte zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks verbunden ist.

Bei alledem ist der Begriff Anlage weit auszulegen.[2]

Zusätzliche Duldungspflichten

Bereits bei der Novellierung im Jahr 2012 ist der Gesetzeswortlaut um die Worte "einschließlich der Gebäudeanschlüsse" ergänzt worden. Damit kann der Eigentümer nunmehr auch nicht verbieten, dass das auf dem Grundstück befindliche Gebäude unmittelbar an das Netz angeschlossen wird. Dieser sogenannte Hausstich soll es Telekommunikationsunternehmen ermöglichen, durch eine hohe Zahl von Hausanschlüssen die Rentabilität eines Breitbandprojekts zu gewährleisten oder zumindest die verbleibende Wirtschaftli...

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