Nach § 312 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik (ZGB) konnten land- und forstwirtschaftlich nicht genutzte Bodenflächen den Bürgern zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung überlassen werden. Der Nutzer war berechtigt, auf dem Grundstück ein Wochenendhaus oder eine ähnliche Baulichkeit zu errichten. Die Errichtung eines dauergenutzten Wohngebäudes war nicht zulässig.
Für diese Nutzungsverträge war i. d. R. nur ein geringes Entgelt zu bezahlen. Nach Art. 232 § 4 Abs. 2 EGBG ist die Bundesregierung allerdings ermächtigt, eine Rechtsverordnung über eine angemessene Gestaltung der Nutzungsentgelte zu erlassen. Hiervon hat die Bundesregierung Gebrauch gemacht.
Die Nutzungsentgeltverordnung gilt für Freizeitgrundstücke, die aufgrund eines wirksamen Vertrags nach § 312 ZGB gegen Zahlung eines Entgelts überlassen worden sind.
Stichtag
Der Vertrag musste vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sein; nach diesem Zeitpunkt konnten keine Nutzungsverträge nach DDR-Recht mehr geschlossen werden.
Nach § 312 Abs. 1 Satz 2 ZGB war zur Wirksamkeit des Nutzungsvertrags die Einhaltung der Schriftform erforderlich; gleichwohl steht die Nichteinhaltung der Schriftform der Annahme der Wirksamkeit nicht entgegen, weil solche Verträge nach der DDR-Praxis als wirksam behandelt wurden.
Ein wirksamer Vertrag liegt auch dann vor, wenn der Nutzer auf dem Grundstück vertragswidrig ein zum dauernden Bewohnen geeignetes Gebäude erstellt hat (sog. "unechte Datscha"). Anders ist es, wenn die Errichtung eines solchen Gebäudes zwischen den Vertragspartnern vereinbart war; in diesem Fall ist der Vertrag nichtig, mit der Folge, dass auch die Nutzungsentgeltverordnung keine Anwendung finden kann.
Für die sog. Altpachtverträge, die vor dem Inkrafttreten des ZGB (1.1.1976) begründet wurden, gilt die Nutzungsentgeltverordnung ebenfalls, weil diese Verträge nach §§ 2, 5 Einführungsgesetz zum ZGB dem ZGB unterstellt worden sind.
Nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 2 NutzEV ist die Verordnung unanwendbar auf
Freizeitgrundstücke, für die das Bundeskleingartengesetz gilt.
Dieses Gesetz findet Anwendung, wenn es sich
- um eine Grundstücksfläche zur nicht erwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung handelt,
- die Nutzungsfläche aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrags überlassen worden ist,
- die Fläche in einer Anlage mit mehreren Einzelgärten liegt und
- gemeinschaftliche Einrichtungen wie Wege- und Spielflächen, sanitäre Einrichtungen, Vereinshäuser etc. vorhanden sind und die Anlage das Gepräge einer Kleingartenkolonie aufweist.
- unentgeltliche Nutzungsverhältnisse nach § 312 ZGB, die vor dem 3.10.1990 abgeschlossen worden sind. Hier kann unter Umständen eine Aufhebung des Vertrags nach § 17 Satz 2 VermG in Betracht kommen, wenn der Nutzer beim Abschluss des Vertrags nicht redlich gewesen ist. Unter Umständen ist auch eine Anpassung des Entgelts nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Erwägung zu ziehen.
- Überlassungsverträge. Dabei handelt es sich um einen in der ehemaligen DDR verbreiteten Vertragstyp, durch den ein staatlich verwaltetes Grundstück durch einen staatlichen Verwalter oder die von ihm beauftragte Stelle gegen Leistung eines Geldbetrags für das Grundstück sowie etwa aufstehende Gebäude und gegen Übernahme der öffentlichen Lasten einem anderen zur Nutzung überlassen wurde. Nach dem Wortlaut der Nutzungsentgeltverordnung sind sämtliche Überlassungsverträge aus dem Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Durch das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993 (BGBl. I S. 2211) wurden allerdings diejenigen Überlassungsverträge, durch die den Bürgern Bodenflächen zum Zwecke der nicht gewerblichen kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung überlassen wurden, den Nutzungsverträgen nach § 321 ZGB gleichgestellt. Deshalb gilt die Nutzungsentgeltverordnung auch für diese Verträge. Für andere Überlassungsverträge ist die Nutzungsentgeltverordnung dagegen unanwendbar.