Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines befristeten Anerkenntnisses bei zeitlich beschränktem ärztlichem Fahrverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Die Mitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers, für einen bestimmten Zeitraum wegen eines medizinisch begründeten Fahrverbots Leistungen zu erbringen, stellt ein zulässiges befristetes Anerkenntnis dar. (Rn. 22 - 24)
2. Ein Berufsunfähigkeitsversicherer hat das Anerkenntnis seiner Leistungspflicht zulässigerweise befristet, wenn aufgrund ärztlicher Feststellung bei rezidivierenden Synkopen unklarer Genese von vornherein mit einer Wiederherstellung der Berufsfähigkeit zu rechnen war. (Rn. 32)
Normenkette
AVB Berufsunfähigkeitsversicherung § 5 Abs. 1-2; VVG § 173 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bamberg (Urteil vom 11.12.2020; Aktenzeichen 41 O 123/20 Ver) |
Nachgehend
Tenor
1) Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 11.12.2020 (Az.: 41 O 123/20) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 78.516,54 EUR festzusetzen.
2) Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.06.2021.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer Versicherungslaufzeit vom 01.04.1992 bis 31.03.2028 bei einer monatlichen Rentenleistung von 1.323,80 EUR und einer monatlichen Beitragsleistung von 215,74 EUR. Vertragsbestandteil sind die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BB-BUZ E 5). Wegen deren Inhalt wird Bezug genommen auf die Anlage K 2.
Der Kläger war vor Eintritt des Versicherungsfalls als Werksleiter bei der Firma X. Beton angestellt tätig. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden, die sich auf fünf Arbeitstage zu je 8 Stunden verteilte, von denen etwa drei Stunden auf Büroarbeiten (Erstellen von Angeboten, Objektlisten und Lieferscheinen, PC-Arbeiten, Telefonate, Besprechungen) und fünf Stunden auf Kundenbetreuung (Betreuung, Besuche von Bauunternehmen, Baustellenbesuche, Telefonate, Besprechungen) entfielen.
Am 01.11.2018 erlitt der Kläger eine kurzzeitige Synkope samt Kollaps, woraufhin er sich bis zum 08.11.2018 in stationärer Behandlung befand. Da die Untersuchungen ohne pathologischen Befund verliefen und eine koronare Herzerkrankung bereits am 14.05.2018 nach einem ähnlichen Ereignis ausgeschlossen worden war, wurde dem Kläger am 07.11.2018 ein Ereigniszähler implantiert. Als Diagnose wurde u.a. rezidivierende Synkopen gestellt. Dem Kläger wurde außerdem mit Entlassung am 08.11.2018 ein ärztliches Fahrverbot für die nächsten 6 Monate angeraten. Die stationäre Anschlussheilbehandlung vom 08.01.2019 bis 08.02.2019 verlief unauffällig. Der Ereigniszähler markierte keine weiteren Ereignisse. Nach weiteren Untersuchungen am 13.03.2019 wurde im Ergebnis eine neurokardiogene Synkope vom (führend) vasopressorischen Typ festgestellt, womit eine kardiale Ursache ausgeschlossen werden konnte.
Der Kläger meldete den Versicherungsfall und reichte den Fragebogen vom 04.06.2019 (Anlage K 10) ein, wobei er mitteilte, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu noch unbekanntem Zeitpunkt wieder voll aufnehmen zu wollen. Der Kläger gab die ärztlichen Berichte (Anlagen K 4 bis K 7) und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 02.11.2018 bis voraussichtlich 14.06.2019 (Anlage B 1) bei.
Die Beklagte begann daraufhin mit der Leistungsprüfung, in deren Zuge der Behandler Dr. O. der Beklagten auf deren Anfrage mit dem ausgefüllten Formular vom 18.07.2019 (Anlage K 8) mitteilte, dass der Kläger vom 01.11.2018 bis 10.07.2019 krankgeschrieben war, unter näher bezeichneten Einschränkungen leide, in der Teiltätigkeit "Büro" zu 30 % und in der Teiltätigkeit "Kundenbetreuung" zu 60 % weiterhin eingeschränkt sei und seit 14.07.2019 wieder voll arbeite. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seine Tätigkeit - in leicht abgewandelter Form in Bezug auf den zeitlichen Anteil der Arbeiten - wieder aufgenommen; spätestens ab diesem Zeitpunkt lagen keine gesundheitlichen Einschränkungen vor, die eine Berufstätigkeit des Klägers in einem Maße beeinträchtigten, dass er zu mindestens 50 % außerstande war, seinen bisherigen Beruf auszuüben.
Mit weiterem Schreiben vom 02.09.2019 (Anlage K 9) beantwortete Dr. O. die Frage, ob noch ein Fahrverbot bestehe oder dieses nach Diagnosestellung aufgehoben wurde, mit "Nein". Erst im Rahmen der Leistungsprüfung erfuhr die Beklagte über die erholten Auskünfte vom Ende der Krankschreibung und der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Schreiben vom 12.11.2019 (Anlage K 11) zugegangen am 14.11.2019, dem Kläger die versicherten Leistungen für die Zeit vom 01.06.2019 bis 31.07.2019. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 11 Bezug genommen. Weitere Leistungen lehnte die Beklagte...