Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit neuen Sachvortrages nach Ablauf der Frist des § 234 ZPO
Leitsatz (redaktionell)
Neuer Sachvortrag nach Ablauf der Frist des § 234 ZPO ist unzulässig, sofern es sich nicht um ergänzenden Sachvortrag zu den ursprünglichen Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch handelt, sondern um ein – unzulässiges – Nachschieben entscheidungserheblicher Fakten
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, §§ 520, 621e
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Beschluss vom 22.02.2007; Aktenzeichen 2 F 957/06) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt die befristete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Obernburg vom 22.2.2007, Az: 2 F 957/06, als unzulässig zu verwerfen und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens auf 3.000 EUR festzusetzen.
2. Der Antragsgegner hat Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 2.10.2007.
3. Dem Antragsgegner wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren versagt.
Gründe
Der Senat weist auf die beabsichtigte Entscheidung hin und gibt gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme. Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist der Senat der Überzeugung, dass die befristete Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat., da sie unzulässig ist.
1. Mit Beschluss vom 22.2.2007 hat das AG - FamG - Obernburg das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge für das gemeinsame minderjährige Kind W., geb. 0.6.2003, auf die Antragstellerin, die Kindsmutter, übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge der Kindseltern belassen.
Gegen diesen, dem Antragsgegner am 12.3.2007 zugestellten Beschluss, richtet sich dessen am 12.4.2007 beim OLG Bamberg eingegangene befristete Beschwerde mit der er das Ziel verfolgt, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf ihn selbst übertragen wird.
2. Die an sich gem. § 621e Abs. 1 ZPO statthafte befristete Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der zweimonatigen Frist der §§ 621e Abs. 3 S. 2, 520 Abs. 2 S. 1 Abs. 3 S. 1 ZPO begründet worden ist.
Die Frist ist am 14.5.2007 abgelaufen, ohne dass eine Beschwerdebegründung eingereicht worden ist.
3. Der Beschwerdeführer hat am 14.6.2007 zwar einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist gestellt und mit gleichem Schriftsatz eine Beschwerdebegründung eingereicht.
Wiedereinsetzung wird dem Antragsgegner jedoch nicht zu gewähren sein, da er sich gem. § 85 Abs. 2 ZPO ein anwaltschaftliches Verschulden an der Fristversäumnis zurechnen lassen muss.
(1.) Eine Fristversäumung ist verschuldet, wenn sie für einen pflichtbewussten Rechtanwalt abwendbar gewesen wäre (BGH v. 22.11.1984 - VII ZR 160/84, MDR 1985, 570 = NJW 1985, 1710). Dabei beschränkt sich die Fristenkontrollpflicht des Anwalts, wenn Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung einer Rechtsmittelschrift vorgelegt werden, nicht nur auf die Prüfung, ob die Rechtsmitteleinlegungsfrist richtig notiert ist, sondern auch auf die Erledigung der Notierung der Rechtsmittelbegründungsfrist. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, ist es deshalb nicht zu vereinbaren, wollte sich ein Anwalt bei der - im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Rechtsmittelschrift gebotenen Prüfung der Fristennotierung - auf die Einlegungsfrist beschränken und die - ebenfalls bereits feststehende - Rechtsmittelbegründungsfrist nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. aussparen.
(2.) Unter Berücksichtigung dieser Prämisse ist von folgendem auszugehen:
Der Antragsgegner hat seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. Schriftsatz vom 14.6.2007 ausschließlich damit begründet, dass die Eintragung und Kontrolle der maßgeblichen Fristen der Büroleiterin S. oblegen habe. Diese habe versehentlich entgegen der von der anwaltschaftlichen Vertreterin des Antragsgegners korrekt diktierten Fristenablaufsdaten die Begründungsfrist einen Monat zu spät in den Fristenkalender eingetragen. Erst mit der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 25.5.2007 am 4.6.2007 sei festgestellt worden, dass der Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist sowie die dazugehörige Vorfrist falsch notiert worden waren.
Dazu, aus welchem Grund die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Ordnungsgemäßheit der eingetragenen Beschwerdebegründungsfrist nicht bei Vorlage der Handakten zur Fertigung der Beschwerdeeinlegungsschrift geprüft und die eingetragene falsche Frist zur Begründung der Beschwerde korrigiert hat, fehlt jeglicher Sachvortrag.
Mit Schriftsatz vom 7.9.2007 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners vorgetragen, die Handakten seien ihr am Tag des Eingangs der Entscheidung des AG Obernburg vom 22.2.2007, also am 12.3.2007, vorgelegt worden. Bereits vor Ausstellung des Empfangsbekenntnisses habe sie die Büroleiterin angewiesen, die Beschwerdeeinlegungsfrist sowie die Beschwerdebegründungsfrist im Fristenkalender zu notieren. Sie selbst habe noch am gleichen Tag den Schriftsatz für die Einlegung der Besc...