Leitsatz (amtlich)

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG ist grundsätzlich bei dem Gericht einzureichen, dessen Entscheidung angefochten werden soll, also beim AG (Abgrenzung zu OLG Bremen FamRZ 2011, 913).

 

Normenkette

FamFG § 113 Abs. 1, § 58 ff., § 64 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bamberg (Aktenzeichen 207 F 79/11)

 

Tenor

I. Dem Antragsgegner wird wegen Versäumung der Beschwerdeeinlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten der Wiedereinsetzung zu tragen.

III. Ihm wird jedoch Gebühren- und Auslagenfreiheit bewilligt.

 

Gründe

I.1. Der Endbeschluss des AG Bamberg vom 20.4.2011 wurde den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 26.4.2011 zugestellt. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz seiner Rechtsanwälte vom 25.5.2011, eingegangen beim OLG Bamberg am 26.5.2011, den Antrag gestellt, dem Antragsgegner für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und dem Antragsgegner Rechtsanwältin T. beizuordnen. Mit Beschluss des OLG Bamberg vom 8.7.2011 wurde dem Antragsgegner für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit er mit der Beschwerde eine Herabsetzung des Unterhalts für den Sohn A. auf 218 EUR monatlich und eine Herabsetzung des Unterhalts für die Tochter B. auf 180 EUR monatlich erstrebt. Dem Antragsgegner wurde Rechtsanwältin T. beigeordnet. Der Beschluss wurde am 19.7.2011 an die beigeordnete Rechtsanwältin des Antragsgegners zugestellt.

2. Der Antragsgegner hat mit am 27.7.2011 beim AG Bamberg eingegangenen Schriftsatz seiner beigeordneten Rechtsanwältin Beschwerde eingelegt und beim OLG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde beantragt. Begründet wurde der Wiedereinsetzungsantrag damit, der Antragsgegner sei ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Frist zur Beschwerdeeinlegung einzuhalten, denn er sei aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung in der Beschwerdeinstanz aufzubringen. Aus diesem Grund habe er innerhalb der Beschwerdefrist mit Antrag vom 25.5.2011 für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe beantragt. Nachdem nunmehr Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, sei dem Antragsgegner somit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.1. Auf das Verfahren, das nach dem 1.9.2009 anhängig wurde, ist gemäß Art 111 Abs. 1 FGG-RG das seit 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden.

2. Die Vorschrift des § 17 FamFG ist, da es sich gem. §§ 112 Abs. 1 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG um eine Familienstreitsache handelt, nicht anzuwenden. Gemäß §§ 112 Abs. 1 Nr. 1, 231 Abs. 1, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG gelten die §§ 233 ff. ZPO unmittelbar (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 17 FamFG Rz. 1). Die Verweisung in § 117 Abs. 5 FamFG ist daher an sich überflüssig (Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 117 Rz. 5).

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden (§ 234 Abs. 2 ZPO). Der Beschluss vom 8.7.2007, mit dem dem Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, wurde den Rechtsanwälten des Beschwerdeführers am 19.7.2011 zugestellt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist am 27.7.2011 beim OLG Bamberg eingegangen.

4. Gemäß § 236 Abs. 1 ZPO richtet sich die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist daher bei dem AG zu stellen (§ 64 Abs. 1 FamFG). Im vorliegenden Fall wurde die Wiedereinsetzung beim OLG Bamberg beantragt. Dies ist jedoch im Ergebnis unschädlich. Gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen, ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag bewilligt werden. Die Beschwerdeeinlegung ist innerhalb der Frist des § 234 Abs. 2 ZPO beim AG Bamberg erfolgt; die Wiedereinsetzung konnte demzufolge auch ohne Antrag bewilligt werden

5. Die Einlegung der Beschwerde ist ebenfalls in zulässiger Form erfolgt (§§ 58 ff. FamFG).

6. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist auch begründet. Der Antragsgegner hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe rechtzeitig gestellt und war, weil über diesen Antrag erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde entschieden wurde, ohne sein Verschulden daran gehindert, die Frist zur Einlegung der Beschwerde einzuhalten. Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 233 ZPO war dem Antragsgegner deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung dieser Frist zu gewähren.

7. Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bei dem Verfahrensgericht zu stellen. Ob der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde bei dem AG oder bei dem Rechtsmittelgericht zu stellen ist, ist umstritten:

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