Entscheidungsstichwort (Thema)
Prospekthaftung des Wirtschaftsprüfers als "Garant" wegen Unrichtigkeiten eines im Prospekt abgedruckten Jahresabschlusstestats
Leitsatz (amtlich)
1. Die Prospekthaftung des für eine Anlagegesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfers aus "einer Art Garantenstellung" (BGH, Urt. v. 12.2.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110 [115] = MDR 2004, 801 = BGHReport 2004, 655 m. Anm. Rohlfing), weil mit seinem Einverständnis im Verkaufsprospekt der Gesellschaft ein Bestätigungsvermerk zum letzten geprüften Jahresabschluss abgedruckt worden ist, beschränkt sich auf die ihm selbst zuzurechnenden Prospektaussagen in ihrer durch 1. die Stichtagsbezogenheit, 2. den Maßstab einer Rechnungslegungsprüfung sowie 3. den konkreten Inhalt des abgedruckten "Testats" begrenzten Reichweite.
2. Entsprechendes gilt für die mit dem Bestätigungsvermerk verbundene Erklärung des Wirtschaftsprüfers, im Rahmen der Vorprüfung zur Jahresabschlussprüfung für das nächste Geschäftsjahr seien keine Anhaltspunkte für eine vom Vorjahr abweichende Beurteilung bekannt geworden; diese Erklärung begründet keine weiter gehende Einstandspflicht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung.
3. Zum Ursachenzusammenhang zwischen (behaupteten) Unrichtigkeiten im abgedruckten Wirtschaftsprüfertestat nebst Vorprüfungsvermerk und dem Entschluss des Anlegers zur Zeichnung der mit dem Prospekt beworbenen Genussrechte.
4. Die für den Anleger streitende Vermutung, dass es ihm auf die Richtigkeit aller wesentlichen Aussagen in dem bei den Vertragsverhandlungen verwendeten Prospekts ankam, kann aufgrund der vom Tatrichter vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Falles ausgeräumt bzw. entkräftet sein. Außerdem kann es bereits an der "Wesentlichkeit" der Prospektaussagen des Wirtschaftsprüfers für die Entschließung des Anlageinteressenten fehlen.
5. Bei der Kausalitätsprüfung ist letztlich darauf abzustellen, ob die Anlageentscheidung auch dann getroffen bzw. dann nicht getroffen worden wäre, wenn der Wirtschaftsprüfer den unbeschränkten Bestätigungsvermerk (pflichtgemäß) nicht erteilt hätte und ein solcher daher nicht im Prospekt veröffentlicht worden wäre. Denn der Wirtschaftsprüfer hat grundsätzlich weder eine Handhabe noch eine Verpflichtung, die Veröffentlichung eines die Bestätigung des Jahresabschlusses ganz oder teilweise versagenden Prüfungsvermerks zu bewirken.
Normenkette
BGB § ;280
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hof vom 31.5.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.960,71 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klagepartei nimmt die Erstbeklagte - eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - und den Zweitbeklagten - deren vor Ort tätig gewordenen Prüfer - (im Folgenden zusammengefasst: Beklagtenpartei) auf Ersatz der Schäden in Anspruch, die ihr im Zusammenhang mit der Zeichnung von Genussrechten an der insolvent gewordenen S. GmbH entstanden seien.
Bei der S. GmbH handelte es sich um ein Unternehmen, das u.a. Genussrechte an der eigenen Gesellschaft auflegte und diese vertrieb; das eingezahlte Genussrechtskapital legte sie in Aktien an. Für den Vertrieb gab die S. GmbH Genussrechtsprospekte heraus. Im Prospekt "C/2000" vom Januar 2001 waren eine "vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung" sowie eine "vorläufige Bilanz" der S. GmbH für das Jahr 2000 abgedruckt. Einige Seiten danach (auf S. 56) war ein Wirtschaftsprüfertestat der Beklagtenpartei (unterzeichnet vom Zweitbeklagten im Namen der Erstbeklagten) mit deren Einwilligung wiedergegeben. Darin wird dem Jahresabschluss der S. GmbH zum 31.12.1999 ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk unter dem Datum vom 27.10.2000 erteilt; in einem unmittelbar darunter gesetzten Zusatz (im Parteivortrag und in gerichtlichen Entscheidungen auch als "Vorprüfungsvermerk" oder "Postskriptum" bezeichnet) heißt es:
"Die R. GmbH führt derzeit eine Vorprüfung zur Jahresabschlussprüfung auf den 31.12.2000 durch. Im Rahmen dieser Vorprüfung wurden keine Anhaltspunkte bekannt, die eine vom Vorjahr abweichende Beurteilung von Buchführung und Jahresabschluss nach sich ziehen würden".
Die Klagepartei zeichnete am 23.10.2001 - vermittelt durch den Berater K. - 400 Genussrechte der Serie "C/2000" der S. GmbH im Nennwert von 40.000 DM zzgl. 2 % Agio (Gesamtbetrag: 40.800 DM). Bei diesem Vertragsabschluss lag der Klagepartei - nach ihrer Behauptung und nach dem Inhalt des Zeichnungsscheins, von der Beklagtenpartei bestritten - der Genussrechtsprospekt "C/2000" vom Januar 2001 vor. Streitig ist, ob die Klagepartei de...