Leitsatz (amtlich)
1. Die Klagefrist des § 13 Abs. 1 S. 2 StrEG wird grundsätzlich auch durch eine sämtliche - fristgerecht nach § 10 StrEG - angemeldeten Schadenspositionen umfassende Feststellungsklage gewahrt.
2. Ein Vermögensnachteil des Antragstellers wegen angeblicher Drittansprüche aus einer Vertragsstrafenvereinbarung ist nicht "geltend gemacht" im Sinn der §§ 10, 12 StrEG, wenn in der anwaltlichen Anmeldungsschrift die im Antragstenor exakt bezifferte Entschädigungssumme in der Begründung ausdrücklich einer Reihe anderer Schadenspositionen zugeordnet wird, während der Anfall einer - auch später nicht bezahlten - Vertragsstrafe nur Gegenstand eines die Sachverhaltsdarstellung des Schadenshergangs abrundenden Hinweises ist (Ergänzung zu OLG Koblenz OLGR 1999, 127; LG Flensburg JurBüro 1998, 443).
3. Im Fall einer auf mehrere selbständige Schadenspositionen gestützten Teilleistungsklage kann die notwendige Aufteilung des eingeklagten Betrages auf die Einzelforderungen auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 12 StrEG nachgeholt werden (Abgrenzung zu BGH NJW 2009, 56 = WM 2009, 420, dort Rz. 20 ff.).
4. Sofern die von einer solchen Teilklage umfassten Einzelforderungen ihrerseits verschiedene selbständige Schadenspositionen und/oder sich über mehrere Jahre erstreckende Vorgänge betreffen, reicht es für eine Individualisierung des Klageanspruchs nicht aus, dass die geltend gemachte Entschädigungssumme nur nach den - bestimmten (Haupt-)Schadensgruppen zugeordneten - Einzelforderungen aufgeschlüsselt wird. Vielmehr muss insoweit der Klagegrund auch noch innerhalb der einzelnen Schadenskomplexe näher spezifiziert werden (Ergänzung zu BGH NJW 1984, 2346, dort Rz. 14 ff.).
Normenkette
StrEG § 10 Abs. 1, §§ 12, 13 Abs. 1 S. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 322 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bamberg (Urteil vom 22.07.2008; Aktenzeichen 1 O 498/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Zwischenurteil des LG Bamberg vom 22.7.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger - nunmehr -
a) für die Jahre 1999 und 2000 wegen entgangener Einkünfte aus Vermietung bzw. wegen "entgangener Geschäftsführergehälter" jeweils eine Entschädigung von 12.500 EUR, insgesamt also i.H.v. 25.000 EUR sowie
b) die (Feststellung der Verpflichtung zur) "Freistellung" von der auf diese Entschädigungsbeträge entfallenden Einkommenssteuer verlangt.
2. Im Übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen allein dem Kläger zur Last.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagtenseite i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in dieser Höhe geleistet hat.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Berufungsstreitwert: 100.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den beklagten Freistaat Entschädigungsansprüche nach dem StrEG mit der Begründung geltend, für die von ihm erlittene - zweite - Untersuchungshaft vom 25.10.1999 bis einschließlich 3.4.2000 sowie die an die anschließende Haftverschonung geknüpften Auflagen stehe ihm über die mit Bescheid des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 16.7.2007 bewilligte Entschädigung hinaus auch ein Anspruch auf vollständigen Ausgleich derjenigen Vermögenseinbußen zu, die er bzw. die ihm gehörende GmbH durch das Fehlschlagen des sog. "Sh."-Projekts (im Folgenden nur: Projekt) habe hinnehmen müssen und die von ihm inzwischen mit über 76 Mio. EUR beziffert werden.
Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer des Unternehmens C. International GmbH (künftig nur: GmbH). Wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz befand sich der Kläger für die Staatsanwaltschaft Würzburg in Untersuchungshaft in der Zeit vom 21.6.1998 bis zum 25.10.1999. Am 25.10.1999 wurde der bis dahin vollzogene Haftbefehl aufgehoben und ab diesem Tage der gegen den Kläger in einem zweiten Ermittlungsverfahren der StA Würzburg wegen Steuerhinterziehung bestehende (Über-)Haftbefehl in Vollzug gesetzt. Diese zweite Untersuchungshaft dauerte bis einschließlich 3.4.2000. Nachdem der Kläger vom LG Würzburg in beiden Strafverfahren von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden war, wurde mit Beschluss der Strafkammer vom 4.11.2005 die Verpflichtung der Staatskasse festgestellt, den Kläger "für den Vollzug der - zweiten - Untersuchungshaft" vom 25.10.1999 bis zum 3.4.2000 sowie für die bis zur Aufhebung des zweiten Haftbefehls am 15.5.2003 bestehenden Ausgleichsaßnahmen zu entschädigen.
Der mit am 17.3.2006 zugestelltem Schreiben der StA Würzburg vom 14.3.2006 gem. § 10 StrEG belehrte Kläger ließ mit an diesem Tage eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 18.9.2006 Entschädigungsansprüche in der Gesamthöhe von rund 62,3 Mio. EUR (Antragstenor) bzw. von 73,6 Mio. EUR (S. 2 bzw. S. 4 der Antragsschrift) anme...