Entscheidungsstichwort (Thema)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Versicherungsnehmer, Versicherungsschutz, Erkrankung, Krankheit, Berufung, Versicherungsbedingungen, Versicherer, Auslegung, Versicherungsfall, Leistungsbeschreibung, Versicherung, Klausel, AVB, Verletzung, unangemessene Benachteiligung, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Treu und Glauben

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Urteil vom 15.10.2020; Aktenzeichen 21 O 281/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 15.10.2020, Az. 21 O 281/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Bayreuth sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung für den Zeitraum 17.04.2020 bis 17.05.2020.

1. Der Kläger schloss als Inhaber für sein Hotel mit der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung mit Versicherungsbeginn zum 23.12.2019 ab. Die vereinbarte Tagesentschädigung betrug 6.000,- EUR für April 2020 und 7.500,- EUR für Mai 2020 für insgesamt 30 Tage für den Zeitraum 17.04 bis 17.05.2020. Zwei Arbeitstage waren nach den vertraglichen Regelungen als Selbstbehalt abzuziehen (vgl. insg. Anlage Kl). Im Verhältnis zur Beklagten gilt eine Differenzdeckungsvereinbarung, so dass für den Zeitraum bis zum 16.04.2020 aufgrund einer Versicherung bei einem anderen Versicherer kein Versicherungsschutz besteht (vgl. hierzu das Parallelverfahren 1 U 433/20).

Die Versicherungsbedingungen (vgl. Anlage K 2; im Folgenden: AVB) enthalten folgende Klausel:

"1 Betriebsschließung

1.1 Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt [...]

1.2 [...] Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz [sic!] in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger:

a) Krankheiten [...]

b) Krankheitserreger [...]"

Die Auflistung umfasst eine knappe Seite der AVB in zweispaltiger Druckweise und weist eine Vielzahl von Krankheiten und Krankheitserregern auf. Allerdings sind weder die COVID-19-Erkrankung noch das Corona-Virus SARS-CoV-2 erwähnt. Für die Einzelheiten wird auf Anlage K2 Bezug genommen. Weiter heißt es in den AVB u.a.:

"1.3. Nicht versicherte Schäden Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden f-7

e) von Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf; [...]"

Durch Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020 (mit späterer Verlängerung) wurden Gastronomie- sowie Hotel- und Beherbergungsbetriebe zur Eindämmung des Corona-Virus ab dem 18.03.2021 untersagt, wovon auch das Hotel des Klägers betroffen war. Sein Hotel war daher im streitgegenständlichen Zeitraum vollständig geschlossen.

Erst durch das zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (2. COVIfSGAnpG v. 19.05.2020) wurde das Coronavirus als meldepflichtige Krankheit zum 23.05.2021 in das Infektionsschutzgesetz namentlich aufgenommen.

Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet, der Betrieb diene ausschließlich touristischen Zwecken. Er hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei Covid-19 um eine Krankheit i.S. der Versicherungsbedingungen handle. Nr. 1.2 der AVB sei keine eindeutige Einschränkung, stelle aber jedenfalls eine unangemessene Benachteiligung dar.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die erlassene Rechtsverordnung sei unwirksam. Es fehle zudem an einer betriebsinternen Gefahr. Auch liege keine vollständige Schließung des Hotels durch eine Behörde vor. Es handle sich nur um eine Betriebseinschränkung. Der Kläger habe Geschäftskunden aufnehmen dürfen. Die Aufzählung in den Versicherungsbedingungen sei zudem abschließend. Es liege weder eine dynamische noch eine statische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz vor. Hilfsweise sei jedenfalls die vom Kläger behauptete Anspruchshöhe unzutreffend. Der tatsächliche Schaden weiche evident von der vereinbarten Taxe ab.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen.

2. Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Eine Betriebsschließung wegen Covid-19 sei nicht von der Versicherung umfasst. Die Aufzählung in Nr. 1.2 der AVB sei...

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