Normenkette
ZPO §§ 142, 142 Abs. 1-2, §§ 143-144, 422, 424 Nr. 5, §§ 428, 429 S. 1, §§ 430, 512, 529, 567 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 16.08.2008; Aktenzeichen 4 O 235/07) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 16.8.2008 - 4 O 235/07 - wird als unzulässig verworfen, soweit darin der Antrag auf Erlass einer Anordnung, Frau Katharina Z. die Vorlage der in ihrem Besitz befindlichen sowohl vom St. L. Krankenhaus H. als auch dem Beklagten gefertigten Röntgenaufnahmen von den Folgen des Reitunfalls vom 2.11.1992 aufzugeben, zurückgewiesen worden ist.
2. Die Beschwerde wird im Übrigen - betreffend die Entscheidung über den Hilfsantrag auf Fristsetzung gem. § 428 ZPO - als unbegründet zurückgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750,00 € festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt als Haftpflichtversicherung aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, einer Klinik, in der die Patientin Frau Z. zuerst (unstreitig) fehlerhaft behandelt worden ist, den Beklagten, einen niedergelassenen Arzt, wegen der dort - ebenfalls (streitig) fehlerhaften - Zweitbehandlung der Patientin im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch. Die Patientin hatte sich bei einem Reitunfall eine Verletzung im rechten Ellenbogengelenk zugezogen.
Die im relevanten Zeitraum von der Klinik und dem Beklagten angefertigten Röntgenbilder befinden sich im Besitz der Patientin. Sie sind für die Einholung des gerichtlich bereits angeordneten Sachverständigengutachtens im vorliegenden Regressprozess erforderlich. Die Patientin weigert sich, die Röntgenbilder hierfür zur Verfügung zu stellen. Sie hat außerdem ihre vormalige Schweigepflichtentbindungserklärung widerrufen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie erachte das Verhalten der Klägerin im Verhältnis zu ihr bei der noch andauernden Schadenregulierung für verzögernd und kleinlich. Unter der Voraussetzung, dass die Klägerin die Schadensregulierung ihr gegenüber "etwas geschmeidiger" gestalten sollte, würde es ihr "leichter fallen", sich dem Ansinnen der Klägerin auf Herausgabe der Röntgenbilder "wohlwollend gegenüber zu treten".
Die Klägerin hat daraufhin im vorliegenden Rechtsstreit beantragt, das Landgericht solle der Patientin gem. §§ 428, 142 ZPO die Vorlage der genannten Röntgenbilder durch Anordnung aufgeben, hilfsweise, gem. § 428 ZPO "eine angemessene Frist zur Klageerhebung" bestimmen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.8.2008 hat das Landgericht beide Anträge abgelehnt. Der Blick auf die Röntgenbilder betreffe den unantastbaren Kernbereich der Privatsphäre der Patientin. Ohne die Schweigepflichtentbindung bestehe hinsichtlich der Röntgenbilder, die den Intimbereich der Patientin beträfen, ein Beweisverbot.
Gegen diesen ihr am 25.8.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit dem am 4.9.2008 vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, die Patientin sei in ihrer Haltung nicht schutzwürdig. Durch den angefochtenen Beschluss werde der effektive Rechtsschutz der Klägerin zunichte gemacht.
Das Landgericht hat der Beschwerde ohne weitere Begründung nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 8.10.2008 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die (sofortige) Beschwerde ist hinsichtlich der Zurückweisung des Hauptantrages nicht statthaft.
Gegen Anordnungen nach den §§ 142 bis 144 ZPO findet sowohl im Falle ihres Erlasses wie ihrer Ablehnung keine Anfechtung statt. Eine Anfechtung kann nur zusammen mit dem Urteil erfolgen (MüKo-ZPO/Wagner, ZPO, 3. Aufl., §§ 142-144 Rn. 7; OLG Karlsruhe OLGR 2005, 484; OLG Frankfurt OLGR 2005, 594).
Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen erstinstanzliche Entscheidungen statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist - was hier nicht der Fall ist - oder wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
Auch diese Voraussetzung liegt nicht vor.
Ob der Partei (oder einem Dritten) nach § 142 ZPO die Vorlage von Urkunden oder sonstigen Unterlagen aufgegeben wird, liegt im Ermessen des Gerichts, das es im Rahmen der materiellen Prozessleitung auszuüben hat (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 142 Rn. 1, 2). Solche Maßnahmen der Verfahrensleitung, mögen sie angeordnet oder abgelehnt werden, unterliegen ebenso wenig wie die Anordnung oder Ablehnung eines Beweisbeschlusses der sofortigen Beschwerde (vgl. OLG Karlsruhe OLGR 2003, 225, 226; OLG Brandenburg OLGR 2000, 436; OLG München OLGR 2004, 368; OLG Zweibrücken OLGR 1990, 392; BayObLG FamRZ 2002, 108 für § 19 FGG; Zöller/Greger a.a.O.; MüKo-ZPO/Wagner a.a.O.). Mit solchen Ablehnungen oder Anordnungen wird, weil sie ohnehin auch von Amts wegen zu ergehen haben, auch dann nicht über ein das Verfahren betreffendes Gesuch ents...