Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 13.07.2018; Aktenzeichen 22 O 205/16)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Zwischenurteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.7.2018, Az. 22 O 205/16, abgeändert:

Die Weigerung der Antragsgegnerin, die im Beschluss des Landgerichts vom 18.3.2018 genannten (elektronischen) Dokumente vorzulegen, wird für berechtigt erklärt.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Zwischenstreits.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der P. SE (Beklagte) Schadensersatz wegen unterlassener und unzutreffender Kapitalmarktinformationen im Zusammenhang mit der Dieselabgasproblematik in Höhe von insgesamt 55.330,07 EUR (hilfsweise einen Kursdifferenzschaden in Höhe von 19.950,00 EUR) aufgrund eines Erwerbs von Vorzugsaktien der Beklagten am 20.9.2012 sowie am 4.8.2015 und am 2.9.2015. Für das vom Kläger behauptete Schadensgeschehen und die Schadenshöhe wird auf die Klageschrift einschließlich des darin enthaltenen Musterverfahrensantrags (Rn. 147 ff. mit den dort aufgeführten Feststellungszielen) sowie die Anlage K 1 Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten (Schriftsatz vom 13.12.2016, Bl. 42 ff.) und hat im Schriftsatz vom 15.12.2016 hilfsweise, falls das Landgericht die Klage nicht als unschlüssig zurückweise, ebenfalls einen Musterverfahrensantrag gestellt (Bl. 37 ff.).

Mit Verfügung vom 2.3.2017 wies das Landgericht darauf hin, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG beabsichtigt sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.02.2017 in der Sache 22 AR 1/17 Kap (Vorlagebeschluss am 6.3.2017 im Klageregister des Bundesanzeigers bekanntgemacht, in juris veröffentlicht). Dieses Musterverfahren wird beim Oberlandesgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 20 Kap. 2/17 geführt.

Mit Beschluss vom 8.5.2017 (Bl. 176/183) setzte das Landgericht den vorliegenden Rechtsstreit für Umsatzgeschäfte zwischen dem 4.8.2015 und dem 2.9.2015 und einen Kursdifferenzschaden in Höhe von 6.245,00 EUR im Hinblick auf die im Beschluss vom 28.2.2017 genannten Feststellungsziele teilweise aus; eine weitergehende Aussetzung wurde abgelehnt. Im Übrigen wurde der Rechtsstreit insbesondere im Hinblick auf den Kursdifferenzschaden in Höhe von 9.975,00 EUR aus dem Umsatzgeschäft vom 20.9.2012 fortgesetzt.

Nach dem Klägervortrag (Schriftsatz vom 2.3.2018 S. 13), soll in einer E-Mail der Robert Bosch GmbH (Antragsgegnerin) an einen (damaligen) Audimitarbeiter vom 9.2.2007 unter "gemischte Punkte aus AudiProjekten" folgende Passage enthalten sein: "Vorgehen Akustikfunktion: VW will die Funktion nutzen und erweitert diese auch. Audi will die Funktion deaktivieren und verstecken (aber drinnen lassen, um ggf. aktivieren zu können)".

Der Kläger hat ferner vorgetragen, die Antragsgegnerin sei nicht nur an der Entwicklung, sondern auch am Verbergen der "Akustikfunktion" maßgeblich beteiligt gewesen, wie sich einer E-Mail vom 9.3.2007 entnehmen lasse, in der die Antragsgegnerin unter "Erweiterung Akustikfunktion" ausdrücklich bestätigt habe, die Beschreibung der erweiterten Akustikfunktion aus den Produktspezifikationsblättern D2250 und D2278 zu Kraftstoffpumpen von Volkswagen zu entfernen (Schriftsatz vom 2.3.2018 S. 15). Die Antragsgegnerin habe ferner im Schreiben vom 2.6.2008 von Volkswagen ausdrücklich die Freihaltung von jeglicher Haftung gefordert, die sich aus der Schaffung des Defeat Devices in der Software des Motorsteuergerätes EDC17 ergebe (Schriftsatz vom 2.3.2018 S. 24).

Mit Beschluss vom 18.3.2018 (Bl. 243/249) ordnete das Landgericht an, dass die Antragsgegnerin als Dritte im Sinne von §§ 142 Abs. 1 Satz 1, 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO dem Gericht folgende Unterlagen vorzulegen habe:

  • E-Mail-Strang bezüglich der Verbesserungspotentiale der Akustikfunktion von R. S. (B.-GmbH) an J.K. u.a. (damals A. AG) vom 9.2.2007
  • E-Mail eines B.-Mitarbeiters vom 9.3.2007 an die XY-Ingenieure D.M. und M.K. mit dem Betreff "erweiterte Akustikfunktion"
  • Brief der B.-GmbH vom 2.6.2008 an die XY AG zur Freihaltung von jeglicher Haftung, die sich aus der Schaffung des Defeat Devices in der Software des Motorsteuergerätes EDC17 ergibt.

Mit Schriftsatz vom 17.4.2018 (Bl. 267/271) berief sich Antragsgegnerin auf das Recht, die Vorlage nach § 384 ZPO zu verweigern, weil sie sonst hierdurch vermögensrechtliche Schäden aufgrund einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme zu befürchten habe, sich der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt sehe und außerdem geheimhaltungsbedürftige Gewerbegeheimnisse offenbaren müsse.

Über die Anträge des Klägers und der Antragsgegnerin auf Erlass eines Zwischenurteils wurde am 13.6.2018 mündlich verhandelt (Verhandlungsprotokoll Bl. 298/303). Durch Zwischenurteil vom 13.7.2018 (Bl. 377/411) wurde festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Vorlage der im Beschluss vom 18.3.2018 bezeichneten Dokumente zu Unrecht verweigert habe, da ihr keine Verweigerungsrechte nach §§ 142 Abs. 2 Satz 1, 384 ZPO zustünden. Zu...

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