Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 13.07.2018; Aktenzeichen 22 O 348/16) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Zwischenurteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2018, Az. 22 O 348/16, abgeändert:
Die Weigerung der Antragsgegnerin, die im Beschluss des Landgerichts vom 8.3.2018 genannten (elektronischen) Dokumente vorzulegen, wird für berechtigt erklärt.
2. Die Kosten des Zwischenstreits tragen die Klägerin zu 1 zu 65 % und die Klägerin zu 2 zu 35 %.
Gründe
I. Die Klägerinnen, zwei internationale Investmentfonds mit Sitz in New York, verlangen von der beklagten Firma P. Schadensersatz wegen unterlassener und unzutreffender Kapitalmarktinformationen im Zusammenhang mit der Dieselabgasproblematik, die auf den Kaimaninseln gegründete Klägerin zu 1 in Höhe von insgesamt 104.557.978,56 EUR und die nach dem Recht des US-Bundesstaates D. gegründete Klägerin zu 2 in Höhe von insgesamt 53.863.218,08 EUR, jeweils aufgrund eines Erwerbs von Vorzugsaktien der Beklagten im Zeitraum zwischen 29.10.2013 und 18.9.2015; außerdem soll eine Ersatzpflicht für weitere Schäden festgestellt werden. Für das von den Klägerinnen behauptete Schadensgeschehen und die Schadenshöhe wird auf die Klageschrift vom 19.09.2016 sowie die vorgelegten Anlagen genommen.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2017 stellten die Klägerinnen einen Musterverfahrensantrag (zu den Feststellungszielen S. 3/5), dem die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.2.2017 entgegentrat. Mit Schriftsatz vom 29.3.2017 beantragten die Klägervertreter die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.2.2017 in der Sache 22 AR 1/17 Kap (Vorlagebeschluss am 6.3.2017 im Klageregister des Bundesanzeigers bekanntgemacht, in juris veröffentlicht; dieses Musterverfahren wird beim Oberlandesgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 20 Kap. 2/17 geführt). Mit Verfügung vom 9.6.2017 teilte das Landgericht mit, dass eine Aussetzung im Hinblick auf Kursdifferenzschäden aus den Umsatzgeschäften im Zeitraum von 3.6.2014 bis 6.7.2015 beabsichtigt sei. Die Beklagte trat einer Aussetzung entgegen, u.a. mit dem Hinweis, dass die Parteifähigkeit und die Vertretungsbefugnisse der Klägerinnen bestritten würden und dass vorrangig über diese einem Musterverfahren nicht zugänglichen Prozessvoraussetzungen zu entscheiden und die Klage als unzulässig abzuweisen sei mit der Folge, dass die Entscheidung nicht nach § 8 KapMuG von den materiellrechtlichen Feststellungszielen des Musterverfahrens beim Oberlandesgericht Stuttgart abhänge.
Mit Beschluss vom 20.10.2017 (Bl. 347/380; veröffentlicht u.a. in WM 2018, 667) setzte das Landgericht den vorliegenden Rechtsstreit für Umsatzgeschäfte zwischen 3.6.2014 und 6.7.2015 im Hinblick auf die im Beschluss vom 28.2.2017 genannten Feststellungsziele teilweise aus (bezüglich der Klägerin Ziffer 1 wegen eines Kursdifferenzschadens in Höhe von 38.659,274,44 EUR und bezüglich der Klägerin Ziffer 2 wegen eines Kursdifferenzschadens in Höhe von 19.684.014,86 EUR); eine weitergehende Aussetzung wurde abgelehnt. In der Begründung ist u.a. ausgeführt, dass entgegen der Auffassung der Beklagten keine allgemeine umfassende Überprüfungspflicht der in § 56 Abs. 1 ZPO genannten Prozessvoraussetzungen bestehe: Für den Prüfungsmaßstab des § 8 KapMuG habe dies zur Folge, dass für den Fall, dass ein Kläger offensichtlich nicht parteifähig sei, das Verfahren nicht ausgesetzt werden könne, sondern die Klage nach entsprechendem rechtlichen Gehör als unzulässig abzuweisen sei; soweit die Parteifähigkeit eines ausländischen Klägers nur pauschal bestritten werde, sei ein solches Bestreiten nicht geeignet, Zweifel an der Parteifähigkeit und damit die Amtsprüfung nach § 56 Abs. 1 ZPO auszulösen. Konkrete Zweifel an der Parteifähigkeit könnten nach den Regeln des Freibeweises überprüft und ggf. ausgeräumt werden. Wenn dies nicht möglich sei, sei das Gericht verpflichtet, zunächst das für die Klagepartei anwendbare Recht zu ermitteln, um dann in einem zweiten Schritt zu überprüfen, welche tatsächlichen Vorgänge nach dieser Rechtsordnung für die Parteifähigkeit gefordert werden; drittens wären dann die nach diesem Recht erforderlichen Vorgänge - etwa die Eintragung in bestimmte Register oder sonstige besondere Gründungsmodalitäten - mit geeigneten Beweismitteln zu überprüfen. Nach diesen Grundsätzen sei von der Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerinnen auszugehen. Im Übrigen wurde der Rechtsstreit fortgesetzt.
Die Beklagte legte gegen diesen am 30.10.2017 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz vom 10.11.2017 sofortige Beschwerde ein und beantragte dessen Aufhebung (Beschwerdebegründung Schriftsätze vom 5.1.2018 und vom 11.1.2018).
Mit Beschluss vom 8.3.2018 (Bl. 560/566 = Sonderband Bl. 1a/8) ordnete das Landgericht an, dass die R.B.GmbH (Antragsgegnerin) als Dritte im Sinne von §§ 142 Abs. 1 Satz 1, 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO dem Gericht folgende Un...