Normenkette
RVG §§ 15 a, 15 a Abs. 2, § 60 Abs. 1; ZPO §§ 91, 104, 104 Abs. 1 S. 2, § 319
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 20.07.2009; Aktenzeichen 5 O 1758/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Braunschweig vom 20.7.2009 dahin abgeändert, dass die von dem Kläger aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Braunschweig (Vergleich) vom 15.4.2009 an den Beklagten zu 2 insgesamt zu erstattenden Kosten auf 2.823,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.4.2009 festgesetzt werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger nach einem Beschwerdewert von 546,91 € zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger hat gegen die beiden Beklagten Zahlungs- und Freistellungsansprüche wegen einer von ihm getätigten Kapitalanlage geltend gemacht. In der Berufungsinstanz haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach u.a. der Kläger 85 % der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen einschließlich der Vergleichskosten des Beklagten zu 2 zu tragen hat. Mit Antrag des Beklagten zu 2 vom 23.4.2009 und vom 13.5.2009 hat dieser Kosten in Höhe von 3.322,31 € zur Kostenausgleichung angemeldet. Das Landgericht Braunschweig hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 20.7.2009 die von dem Kläger an den Beklagten zu 2 zu erstattenden Kosten auf 2.277,05 € nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat es entsprechend der Stellungnahme des Klägers wegen der unstreitigen vorgerichtlichen Tätigkeit des Beklagtenvertreters die Hälfte der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr, also eine 0,65 Gebühr, auf die erstinstanzliche Verfahrensgebühr angerechnet. Der Beklagte zu 2 hatte dagegen eingewandt, dass seine Prozessbevollmächtigten ihm gegenüber keine vorgerichtliche Geschäftsgebühr abgerechnet hätten, weil er zahlungsunfähig sei.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss II wendet sich der Beklagte zu 2 mit seiner sofortigen Beschwerde vom 7.8.2009. Er macht geltend, dass inzwischen mit dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und im notariellen Berufsrecht vom 30.7.2009 am 5.8.2009 § 15 a RVG in Kraft getreten sei, der auch auf Altfälle Anwendung finde und eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren verbiete. Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers, der keine Stellungnahme abgegeben hat, der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es sei die Übergangsvorschrift des § 60 I RVG anzuwenden, so dass hier § 15 a RVG nicht anwendbar sei. Die Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 7.9.2009 das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Braunschweig vom 20.7.2009 ist zulässig und in der Sache begründet, denn gemäß des in diesem Fall anwendbaren § 15 a RVG findet eine Anrechnung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nicht statt. Daneben sind Rechenfehler gemäß § 319 ZPO von Amts wegen zu korrigieren. Im Einzelnen:
Am 5.8.2009 ist gemäß Art. 10 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften dessen Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt I Nr. 50 von 2009 vom 4.8.2009 in Kraft getreten, mit dem § 15 a RVG in das RVG eingefügt wurde. Nach § 15 a II RVG kann sich der Kläger bei der Berechnung der im Wege der Kostenausgleichung zu erstattenden Kosten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2 auf die in Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG angeordnete Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Ziffer 3100 nicht berufen.
Diese Vorschrift ist ab Inkrafttreten anwendbar, denn es gibt keine Übergangsvorschrift, die abweichendes regelt. Das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften enthält für Art.7 Abs. 4 Nr. 3, der § 15 a RVG einführt, keine Übergangsregelungen. Auch § 60 I RVG ist hier nicht anwendbar.
Entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart (Beschluss vom 11.8.2009 8 W 339/09 zitiert nach Juris) beinhaltet § 15 a RVG eine Gesetzesänderung und stellt nicht lediglich eine Klarstellung des Gesetzgebers zu den bisherigen Anrechnungsregeln in Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG dar, um die in Folge der Rechtsprechung des BGH (vgl. u.a. Beschluss vom 22.1.2008 NJW 2008, 1323) entstandenen vielfältigen Probleme in Bezug auf die Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zu beheben (anderer Ansicht als OLG Stuttgart auch: OLG Frankfurt Beschluss vom 10.8.2009 12 W 91/09; KG Beschluss vom 13.8.2009 2 W 128/09; OLG Celle Beschluss vom 26.8.2009 2 W 240/09 alle zitiert nach Juris).
Die Rechtsprechung des BG...