Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verjährungshemmung durch unzureichenden Güteantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Güteantrag zu geltend gemachten Anlegeransprüchen muss bestimmten Anforderungen genügen, um im Einzelfall eine Verjährungshemmung bewirken zu können.
a) Regelmäßig sind die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme und der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben sowie der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist (Anschluss an BGH, Urteile vom 18.06.2015 - III ZR 189/14, juris-Rn. 24; III ZR 198/14, juris Rn. 25; III ZR 191/14, juris-Rn. 25 sowie III ZR 227/14, juris-Rn. 25; Beschl. v. 16.07.2015 - III ZR 164/14, juris-Rn. 3).
b) In Bezug auf die Beschreibung des angestrebten Verfahrensziels ist erforderlich, dass die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs für Antragsgegner und Gütestelle aus dem Güteantrag erkennbar und wenigstens im Groben einschätzbar wird. Hierfür bedarf es bereits im Güteantrag unter anderem einer klarstellende Äußerung, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden (etwa nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, sowie Angaben, die etwaige weitere Schadenspositionen, wie zum Beispiel einen beanspruchten entgangenen Gewinn, bestimmbar machen (Anschluss an BGH, Beschl. v. 28.01.2016 - III ZB 88/15, juris-Rn. 17, III ZR 116/15, juris-Rn. 4; 04.02.2016 - 3 ZR 356/14, juris-Rn. 4; 25.02.2016 - III ZB 74/15, III ZB 76/15, III ZB 77/15, III ZB 78/15 und III ZB 79/15, jeweils juris-Rn. 17; BGH, Urt. v. 03.09.2015 - III ZR 347/14, juris-Rn. 18; Beschl. v. 24.09.2015 - III ZR 363/14, juris-Rn. 13 sowie v. 24.03.2016 - III ZB 75/15, juris-Rn. 17).
2. Ein (Muster-) Güteantrag, der lediglich die Gesellschaft, die Vertragsnummer der Beteiligung sowie die "nach bisheriger Feststellung des Unterzeichners" gezahlten Einlagen zzgl. 5 % Agio bezeichnet und darüber hinaus den Satz "Die antragstellende Partei macht den Ersatz des gesamten durch die Beteiligung/en ursächlich entstandenen Schadens geltend." sowie die Passage enthält "Die Antragsgegnerinnen haben daher der antragstellenden Partei alle im Zusammenhang mit den Beteiligungen entstandenen Schäden zu ersetzen und diese so zu stellen, als ob keine Beteiligung zustande gekommen wäre. Der Schadensersatz umfasst somit sämtliche aufgebrachten Kapitalbeträge sowie entgangenen Gewinn und ggf. vorhandene sonstige Schäden (z.B. aus Darlehensfinanzierung oder Steuerrückzahlungen). Die Pflicht zum Ersatz eines Schadens erstreckt sich auch auf die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung, vor allem Rechtsanwaltskosten [....], und erstreckt sich zudem auf künftig noch aus der Beteiligung entstehende Schäden", ist nicht geeignet, eine Verjährungshemmung herbeizuführen.
Normenkette
BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 4, §§ 823, 826
Verfahrensgang
LG Göttingen (Aktenzeichen 16 O 440/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 08.03.2017 - 16 O 440/13 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
Das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 08.03.2017 - 16 O 440/13 - ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 29.176,82 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrte von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit bei einer Anlagegesellschaft des Unternehmensverbundes der sogenannten "G. Gruppe" gezeichneten atypisch stillen Beteiligungen. Mit dem Begriff der "G. Gruppe" wird eine Vielzahl eigenständiger, aber vertraglich verbundener Beteiligungsgesellschaften und übergeordneter Verwaltungsgesellschaften beschrieben, die im Zeitraum von 1987 bis 2000 verschiedene Kapitalanlageprodukte vertrieben haben. Der Kläger meint, hierbei habe es sich um ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes System gehandelt, was die Beklagten als Wirtschaftsprüfer der "G. Gruppe" erkannt aber gleichwohl unterstützt hätten.
Zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen hatte der Kläger vorprozessual ein Güteverfahren angestrengt. Hierzu hatten die Klägervertreter einen vom 19.12.2011 datierenden Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung bei einem als Gütestelle tätigen Rechtsanwalt gestellt, zeitgleich mit weiteren mehr als 7.300 Anträgen für weitere Mandanten in Anlegerschutzangelegenheiten im Zusammenhang mit der "G. Gruppe". Dabei wurden die geltend gemachten Schad...