Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung über Besichtigungsanspruch nach § 101a UrhG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 101a Abs. 1 S 1 u. Abs. 3 S. 1 UrhG setzt die Glaubhaftmachung sowohl eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrunds voraus.

2. Die anwaltliche Versicherung des Prozessvertreters des Antragstellers über das Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung eines anonymen Hinweisgebers genügt ohne das Hinzutreten weiterer Indizien nicht zur Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs.

 

Normenkette

UrhG § 101a Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1; ZPO §§ 294, 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Beschluss vom 27.09.2019; Aktenzeichen 9 O 5259/19 (080))

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 27.09.2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und - insoweit unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung - für die erste Instanz wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerinnen einen Besichtigungsanspruch im Sinne von § 101a UrhG im Wege der einstweiligen Verfügung, primär nach sogenannter "Düsseldorfer Praxis", geltend. Nach anwaltlicher Versicherung ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Antragstellerin von einem Hinweisgeber, dem Anonymität zugesichert worden ist, Angaben zu einer unlizenzierten Nutzung von Software durch die Antragsgegnerinnen erhalten, die die Antragstellerin entwickelt hat.

Das Landgericht hat die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens mit den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 01.10.2019 zugestelltem Beschluss zurückgewiesen, weil weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht worden seien und die Antragstellerin auch die Erforderlichkeit der begehrten Besichtigung nicht dargelegt habe.

Hiergegen hat die Antragstellerin mit am 11.10.2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor:

Ein Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung liege entgegen der Auffassung des Landgerichts vor.

Nachdem der Hinweisgeber auf der X-Webseite am 29.01.2019 einen Hinweis auf unlizenzierte Programme der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin zu 1 sowie eine E-Mail-Adresse hinterlassen habe, sei er mehrfach mit der Bitte um Kontaktaufnahme angeschrieben worden, woraufhin er sich erstmalig am 26.03.2019 gemeldet und um Wahrung seiner Anonymität gebeten habe, was ihm zugesagt worden sei. Anlässlich eines Telefontermins am 01.04.2019 habe er seine Informationen erstmalig konkretisiert und detaillierte Angaben dazu gemacht, dass die drei Antragsgegnerinnen Programme der Antragstellerin ohne die erforderlichen Nutzungsrechte benutzten. Danach sei ein weiteres Telefonat am 09.04.2019 mit weiteren Konkretisierungen geführt worden.

Noch am selben Tag hätten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin dem Hinweisgeber per E-Mail den Entwurf einer eidesstattlichen Versicherung übersandt. Dieser habe um inhaltliche Änderungen gebeten und am 09.05.2019 per E-Mail mitgeteilt, das unterzeichnete Original der eidesstattlichen Versicherung per Briefpost an die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin schicken zu wollen. Weil diesen die eidesstattliche Versicherung in der Folgezeit nicht zugegangen sei, sei mehrmals erfolglos versucht worden, den Hinweisgeber telefonisch zu erreichen, woraufhin er am 24.07.2019 per E-Mail erinnert worden sei. Daraufhin habe er sich am 30.07.2019 gemeldet und mitgeteilt, dass er die eidesstattliche Versicherung bereits per Briefpost verschickt habe. Er habe um erneute Mitteilung der Postadresse gebeten. Nachdem im weiteren wieder keine Briefpost des Hinweisgebers eingegangen und dieser auch mehrmals telefonisch nicht zu erreichen gewesen sei, hätten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 21.08.2019 erneut per E-Mail nachgefragt. Daraufhin sei am 26.08.2019 die eidesstattliche Versicherung des Hinweisgebers im Original per Briefpost eingegangen und am 09.09.2019 die Antragsschrift bei dem Landgericht Braunschweig eingereicht worden.

Auch ein Verfügungsanspruch sei glaubhaft gemacht worden, denn in Beweisverfahren zur Feststellung von Urheberrechtsverstößen in Unternehmen sei eine anwaltliche Versicherung ein geeignetes Glaubhaftmachungsmittel, wenn ein Hinweisgeber anonym bleibe.

Schließlich sei auch die Erforderlichkeit der Besichtigung zu bejahen. Die Antragstellerin könne nicht darauf verwiesen werden, die Urheberrechtsverletzung möglicherweise auch mit einem unsicheren Beweismittel wie einer Zeugenaussage nachweisen zu können. § 101a UrhG diene der Sicherung und Beschaffung von Beweismitteln und setze gerade nicht voraus, dass die Besichtigung das einzige Beweismittel beschaffen solle und der Antragstellerin keine anderen Beweismittel zur Ver...

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