Verfahrensgang

LG Braunschweig (Entscheidung vom 28.07.2005; Aktenzeichen 9 O 1079/05 (150))

 

Gründe

I. Mit Versäumnisurteil vom 19.04.2005 hat das Landgericht Braunschweig dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im geschäftlichen Verkehr unter der Verwendung der Bezeichnung "S" zu werben, insbesondere unter Verwendung der Domain "S.de" stationäre und/oder mobile Anlagen zur Behandlung und Entsorgung von Klinikmüll anzubieten oder zu bewerben und/oder durch Dritte eine der folgenden Handlungen vornehmen zu lassen und zugleich für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld i.H.v. bis zu 250.000 Euro ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht. Gemäß der Kostengrundentscheidung hat der Verfügungskläger 1/4 und der Verfügungsbeklagte _ der Kosten des Verfahrens zu tragen. Den erstrittenen Titel ließ der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers sodann durch einen Gerichtsvollzieher dem Verfügungsbeklagten zustellen. Mit Kostenausgleichsantrag vom 3. Mai 2005 beantragte der Verfügungskläger neben den Gebühren und Auslagen für das Anordnungsverfahren (Verfahrens- und Terminsgebühr etc.) im Hinblick auf die veranlasste Zustellung der einstweiligen Verfügung eine zusätzliche Verfahrensgebühr für das Zwangsvollstreckungsverfahren in Höhe von 0,3 Gebühren bezogen auf einen Streitwert von 50.000 Euro, mithin 318,80 Euro zzgl. 16 % MWSt festzusetzen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.07.2005 setzte das Landgericht Braunschweig dem Verfügungskläger die vom Verfügungsbeklagten zu erstattenden Kosten fest und berücksichtigte dabei die für die Zustellung des Titels geltend gemachte zusätzliche Verfahrensgebühr zzgl. anteiliger, darauf entfallender Mehrwertsteuer nicht. Gegen diesen dem Verfügungsklägervertreter am 11. August 2005 zugestellten Beschluss legte dieser mit Schriftsatz vom 15. August 2005, welcher am 16. August 2005 beim Landgericht Braunschweig einging, sofortige Beschwerde ein. Er ist der Ansicht, dass die zusätzliche Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung durch die von ihm veranlasste Zustellung des Unterlassungstitels ausgelöst worden sei. Seiner Meinung zufolge, gelte grundsätzlich jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme bis zur Befriedigung des Gläubigers als eine besondere, vergütungsfähige Angelegenheit. Der Rechtspfleger beim Landgericht Braunschweig hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.09.2005 nicht abgeholfen und diese zur weiteren Entscheidung dem Oberlandesgericht Braunschweig vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Verfügungskläger steht kein Anspruch auf eine zusätzliche Verfahrensgebühr gemäß Ziff. 3309 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu. Eine solche Gebühr ist durch die Zustellung der Unterlassungsverfügung nicht entstanden.

Zwar lag in der Zustellung der Unterlassungsverfügung eine Vollstreckungsmaßnahme im Sinne der §§ 922 Abs. 2, 929 Abs. 2 ZPO, jedoch handelt es sich insoweit nicht um eine besondere, zusätzlich vergütungsfähige Angelegenheit im Sinne des § 18 Nr. 3 RVG, auf die die Begründung der sofortigen Beschwerde abzielt. Dieses folgt aus § 19 Nr. 9 und Nr. 15 RVG, der bestimmt, dass die Zustellung von Entscheidungen mit zum Rechtszug bzw. zum Verfahren gehören. Bereits durch diese Bestimmungen wird unmissverständlich deutlich, dass die Zustellung der Unterlassungsverfügung zum Anordnungsverfahren gehört und mit den dort angefallenen Gebühren abgegolten ist (vgl. Göttlich/Mümmler, RVG, 1. Aufl., Stichwort "Zustellung", S. 1241). Dieses unterstreicht auch nochmals § 18 Nr. 4 RVG, der insoweit klarstellt, dass eine besondere Angelegenheit jede Vollziehungsmaßnahme bei der Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung (§§ 928 bis 934 und 936 ZPO) ist, die sich nicht auf die Zustellung beschränkt. Obwohl die Titelzustellung vollstreckungsrechtlich eine Vollziehungsmaßnahme ist (§ 929 ZPO), stellt sie für sich allein, wie der letzte Halbsatz von § 18 Nr. 4 RVG verdeutlicht, keine eigenständige Vollziehungsmaßnahme im Sinne der Gebührennorm dar, weil sie eben noch zum Rechtszug gehört, § 19 Nr. 9 und Nr. 15 RVG (Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, 2004, § 18 Rdnr. 21).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Verfügungskläger in Bezug genommenen Belegstelle bei Römermann (das neue Gebührenrecht; RVG Leitfaden für die Anwaltskanzlei, Stand März 2004, S. 122). Das für die vorliegende Gebührenentscheidung relevante Normgefüge wird im Rahmen der benannten Belegstelle gar nicht erörtert. Dort finden sich lediglich zutreffende Ausführungen dazu, dass die frühere Regelung des § 58 Abs. 1 BRAGO sich jetzt in § 18 Nr. 3 RVG wiederfindet. Aber bereits nach damaliger Rechtslage, an der die Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes insoweit auch nichts ändern wollte, konnte für die Zustellung einer einstweiligen Verfügung keine gesonderte Gebühr geltend gemacht werden (vgl. dazu OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. No...

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