Leitsatz (amtlich)

Werden in einer Rechtsanwaltskanzlei fristgebundene Schriftsätze per Telefax an das Gericht übersandt, hat sich die bei der Ausgangskontrolle gebotene Überprüfung des Sendeberichts auch darauf zu erstrecken, ob die zutreffende Telefaxnummer des Empfangsgerichts angewählt wurde. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Telefax-Nummer aus einem elektronischen oder buchmäßig erfassten Verzeichnis von einer Büroangestellten selbständig zu ermitteln ist.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 27.08.2008; Aktenzeichen 3 O 2121/07)

 

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Bremen vom 27.8.2008 - Aktenzeichen 3 O 2121/07 - wird als unzulässig verworfen.

Die Berufungskläger haben die Kosten der Berufung zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 10.000 EUR festgelegt.

 

Gründe

I. Das LG hat die Klage durch Urteil vom 27.8.2008, das den Klägern ausweislich der am 9.9.2008 durch die Prozessbevollmächtigte der Kläger übersandten Empfangsbescheinigung (Bl. 124 d.A.) spätestens am 9.9.2008 zugestellt worden ist, abgewiesen. Am 9.10.2008 hat die Klägervertreterin die Berufungsschrift per Telefax an das LG Bremen übersandt (Bl. 129 d.A.); diese ging nach Weiterleitung am 10.10.2008 beim OLG Bremen ein. Die Berufungsschrift ist an das OLG adressiert, aber im Adressfeld des Schriftsatzes mit der Telefaxnummer des LG versehen.

Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Kläger vom stellvertretenden Senatsvorsitzenden am 15.10.2008 auf die Versäumung der Berufungsfrist hingewiesen worden war, haben die Kläger über ihre Prozessbevollmächtigte insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger ausgeführt, dass sie die sich im 2. Lehrjahr befindende Auszubildende der Kanzlei, Frau K., aufgefordert habe, die Berufung an das OLG zu faxen. Frau K. sei eine außerordentlich zuverlässige und gründliche Mitarbeiterin, die seit 1 ½ Jahren die Adressen und Telefaxnummern, die auf Karteikarten und im Rechner korrekt aufgelistet seien, auf Schriftsätzen bislang immer fehlerfrei ergänzt habe. Deshalb habe man die Überprüfung allmählich gelockert und die Adressen nicht mehr jedes Mal vollständig überprüft. Es sei bei Unterzeichnung des Schriftsatzes, mit dem Berufung eingelegt worden sei, lediglich registriert worden, dass als Empfänger das OLG genannt sei und davon ausgegangen worden, dass auch die Adresse einschließlich der Telefaxnummer richtig sei.

Die Richtigkeit dieses Vortrags haben die Auszubildende K. und die Prozessbevollmächtigte der Kläger eidesstattlich versichert, wobei Frau K. ergänzend ausgeführt hat, dass sie bereits am 24.9.2008 die Berufungsschrift angefertigt habe, ihr bekannt sei, dass die Gerichte unterschiedliche Telefaxnummern hätten und sie nicht wisse, warum sie vergessen habe, die Faxnummer des OLG auf den Schriftsatz zu schreiben.

II. Die Berufung war gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt worden ist.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand war zurückzuweisen. Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung zu wahren. Vorliegend kann allerdings nicht festgestellt werden, dass die Berufungsfrist schuldlos versäumt wurde. Vielmehr ist die Prozessbevollmächtigte der Kläger den ihr im Zusammenhang mit der Ausgangskontrolle obliegenden Verpflichtungen nicht hinreichend nachgekommen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf sich ein Rechtsanwalt bei der Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes des Telefax-Verkehrs bedienen. Er ist allerdings gehalten, durch organisatorische Anweisungen eine Ausgangskontrolle sicherzustellen. Soll der Schriftsatz durch Telefax übermittelt werden, so ist in der Regel ein Sendebericht zu erstellen und auf etwaige Übermittlungsfehler, insbesondere die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer, zu überprüfen (BGH, Beschl. v. 19.3.2008 - III ZB 80/07 -; v. 13.2.2007 - VI ZB 70/06; wenn nicht anders angeführt, jeweils zitiert nach juris). Ausreichend ist auch die allgemeine Anweisung, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschl. vom 19.3.2008, a.a.O., vom 24.1.1996, VersR 1996, 1125 und vom 2.7.2001, NJW-RR 2002, 60).

Es entspricht ferner der ständigen Rechsprechung des BGH, dass sich die im Rahmen der Ausgangskontrolle gebotene Überprüfung des Sendeberichts bei einer Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax jedenfalls dann auch darauf zu erstrecken hat, ob die zutreffende Telefaxnummer des Empfangsgerichts angewählt wurde, wenn die Telefax-Nummer aus einem elektronischen oder buchmäßig erfassten Verzeichnis von einer Büroangestellten selbständig...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge