Leitsatz (amtlich)

Sind für eine Klage die die Zuständigkeit des Gerichts begründenden Tatsachen von der Klägerseite nicht vorgetragen und weist das Gericht auf die bislang nicht ersichtliche Zuständigkeit hin, kann die beklagte Partei trotz angezeigter Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Vorverfahren noch nach Ablauf der Notfrist im Anschluss an die Behebung des Vortragsmangels "sofort" i.S.v. § 93 ZPO anerkennen.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 23.02.2004; Aktenzeichen 6 O 1915/03)

 

Tenor

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschl. der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.849,82 Euro festgesetzt.

 

Gründe

1. Das LG hat über die Pflicht zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits teilweise nach § 91a ZPO entschieden, nachdem die Parteien den Rechtsstreit insoweit nach teilweiser Zahlung des begehrten Kostenvorschusses durch die Beklagte übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt haben. Die Beklagte hat dazu die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen des § 93 ZPO seien erfüllt, da sie keine Veranlassung zur Klagerhebung gegeben habe und ihr Anerkenntnis in der Klagerwiderung als sofortiges i.S.d. § 93 ZPO anzusehen sei. Das LG ist dem nicht gefolgt und hat die Kosten insoweit der Beklagten auferlegt.

2. Die gem. § 91a Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist in der Sache begründet und führt zur Abänderung der Kostenentscheidung. Im Ergebnis zutreffend beanstandet die Beklagte, dass nicht unter dem Gesichtspunkt des sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich des erledigten Teils von 17.960,50 Euro der Klägerin auferlegt worden sind. Der Grundgedanke des § 93 ZPO ist auch im Rahmen einer Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO anzuwenden (KG MDR 1980, 942; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22 Aufl., § 91a Rz. 25). Ein entsprechendes sofortiges Anerkenntnis liegt hier vor.

a) Im Ansatz zutreffend geht das LG allerdings davon aus, dass nach herrschender Meinung ein sofortiges Anerkenntnis im Regelfall ausgeschlossen ist, wenn ein Beklagter im schriftlichen Vorverfahren zunächst seine Verteidigungsbereitschaft anzeigt und erst nach Ablauf der Notfrist des § 276 Abs. 1 ZPO die Klagforderung anerkennt (OLG Bremen v. 14.12.1993 - 5 WF 133/93, FamRZ 1994, 1483; JurBüro 1983, 625; OLG Hamburg v. 15.4.1996 - 11 W 15/96, OLGReport Hamburg 1996, 204; OLG München MDR 1989, 267; OLG Hamm v. 28.4.1989 - 20 W 23/89, VersR 1989, 1211; OLG Frankfurt v. 16.9.1991 - 25 W 68/91, OLGReport Frankfurt 1992, 68 = NJW-RR 1993, 126; OLG Celle NJW-RR 1988, 1370; OLG Köln v. 8.8.2001 - 11 W 19/01, OLGReport Köln 2002, 160; OLG Braunschweig JurBüro 1999, 36; OLG Naumburg v. 24.8.2001 - 11 W 47/01, OLGReport Naumburg 2002, 239; OLG Zweibrücken v. 19.2.2001 - 4 W 2/01, OLGReport Zweibrücken 2001, 394; OLG Düsseldorf v. 6.2.1992 - 12 U 33/91, OLGReport Düsseldorf 1992, 181; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rz. 4; Thomas/Putzo, ZPO, 25 Aufl., § 93 Rz. 9; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 93 Rz. 97; Musielak in MünchKomm, ZPO, 2. Aufl., § 307 Rz. 28; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rz. 5). Diese Ansicht hat vereinzelt Widerspruch gefunden (so: OLG Bamberg v. 15.3.1995 - 2 WF 12/95, NJW-RR 1996, 392; OLG Hamburg v. 2.11.2001 - 12 U 38/01, MDR 2002, 421; OLG Nürnberg v. 22.5.2002 - 3 W 1144/02, NJW 2002, 2254; offengelassen bei Schneider, MDR 1998, 252). Auf diese Streitfrage kommt es vorliegend allerdings nicht an, denn auch die überwiegende Ansicht setzt voraus, dass das erkennende Gericht den Rechtsstreit alsbald hätte entscheiden können, sei es im Fall des frühen ersten Termins nach Stellung der Anträge oder im Fall des schriftlichen Vorverfahrens nach Ablauf der Notfrist durch Versäumnisurteil. Fehlt es dagegen zunächst an einer schlüssigen Klage, kann die beklagte Partei nach einhelliger Ansicht noch nach Behebung dieses Mangels "sofort" anerkennen. Eine Partei ist nicht gehalten, einen erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits schlüssig vorgetragenen Klaganspruch schon zuvor - gleichsam auf Verdacht- als begründet anzuerkennen, um sich von der Kostenlast zu befreien (so zuletzt: BGH, Beschl. v. 3.3.2004 - IV ZB 21/03, BGHReport 2004, 844; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rz. 9 m.w.N.). Dem Beklagten wird daher auch im Fall eines eigentlich berechtigten Anspruchs die Möglichkeit eingeräumt, zunächst abzuwarten, ob es dem Kläger gelingt, etwaige Entscheidungshindernisse zu beseitigen.

Eine solche Ausnahmekonstellation liegt hier vor. Die in Reessum-Taaken wohnhafte Klägerin hat ihre Klage gegen die Bremen ansässige Bezirksdirektion der Beklagten erhoben. Mit der Unterrichtung über die Zustellung nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Klägerin vom LG daraufhin aufgefordert worden, die zuständigkeitsbegründenden Umstände darzulegen. Tatsächlich war die Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich, denn in der K...

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