Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Modifizierung des Zugewinnausgleichs im Ehevertrag; Rechtsfolgen, wenn ein Grundstücksmiteigentumsanteil, bezüglich dessen ein Übertragungsanspruch eines Ehepartners besteht, vom anderen bereits veräußert wurde; Fortgeltung der Verjährungseinrede hinsichtlich der Gegenrechte gem. § 215 BGB in diesem Falle
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs in einem Ehevertrag dahingehend, dass das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird und Firmenwert und stille Reserven unberücksichtigt bleiben, ist wirksam.
2. Eine Vereinbarung der Beteiligten, einen einzelnen Vermögensgegenstand bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt zu lassen, ist ebenfalls zulässig.
3. Verwandelt sich der Hauptanspruch auf Übertragung eines Grundstücksmiteigentumsanteils durch Veräußerung des Grundstücks seitens der Antragsgegnerin in einen gegen sie gerichteten Zahlungsanspruch, so verwandelt sich das Gegenrecht des Antragstellers von einem Zurückbehaltungsrecht in eine Aufrechnungsmöglichkeit, wobei sich auch an dieser die rechtserhaltende Funktion des § 215 BGB fortsetzt.
Normenkette
BGB §§ 138, 215, 242, 398; FamFG § 112 Nr. 2, § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO §§ 265, 302 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 07.11.2013; Aktenzeichen 65 F 3205/13) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 7.11.2013 - 65 F 3205/11, dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, an den Antragsteller EUR 154.682,39 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.4.2014 zu zahlen. Im Übrigen werden die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegnerin wird die Aufrechnung mit dem in ihrem Schriftsatz vom 13.8.2007 geltend gemachten Anspruch i.H.v. EUR 94.509,63 wegen der behaupteten Tilgung eines Darlehens gegenüber der B.-Bank i.H.v. EUR 82.181,97 und der Rückzahlung dieses Darlehens i.H.v. EUR 12.327,66 durch 27 monatliche Raten á EUR 456,58 ab November 2003 vorbehalten. Das Verfahren wird insoweit an das AG Bremen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Verfahrens - einschließlich der Kosten der Nebenintervention - zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin aus einem Ehevertrag vom 8.6.1983 auf Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück in Anspruch genommen. Nach dessen Veräußerung verlangt er nunmehr stattdessen den Veräußerungserlös.
Die Beteiligten heirateten am 28.11.1967. Seit dem 23.9.2008 sind sie rechtskräftig geschieden.
Der Antragsteller wurde 1977 Gesellschafter der G. GmbH & Co. KG. Diese bestand aus vier Gesellschaftern und hatte in der Folgezeit ihren Geschäftsbetrieb auf dem Grundstück B.-Straße. Eigentümer dieses Grundstücks waren zu je ¼ die jeweiligen Ehefrauen/Verwandten der vier Gesellschafter. Diese erwarben das Grundstück gemeinsam zu einem Preis von insgesamt 120.000 DM, wobei jeder Gesellschafter seiner Ehefrau/Verwandten 30.000 DM hierfür zur Verfügung stellte. Die Ehefrauen/Verwandten vermieteten das Grundstück an die G. GmbH & Co. KG. Die Kosten für die Errichtung des Firmengebäudes wurden mit einem Darlehen finanziert, das mit zwei Grundschulden über insgesamt 990.000 DM auf dem Grundstück abgesichert wurde.
Die Verfahrensbeteiligten lebten im gesetzlichen Güterstand. Am 8.6.1983 schlossen sie vor dem Notar [dem Nebenintervenienten], einen Ehevertrag, mit dem sie den gesetzlichen Güterstand modifizierten. Dieser enthielt folgende Regelungen:
"1.) Der Zugewinnausgleich wird dahingehend beschränkt, dass im Falle des Zugewinnausgleichs das Betriebsvermögen des (Antragstellers) rechnerisch nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird. Firmenwert und stille Reserven bleiben daher unberücksichtigt.
2.) Hinsichtlich des ¼ Miteigentumsanteils der Ehefrau an dem im Gewerbebetrieb N.-Straße an der B.-Straße gelegenen Grundstück, eingetragen im Grundbuch von B. (...) sind wir uns einig, dass im Rahmen des Zugewinnausgleichs das Eigentum an diesem Grundstücksteil insoweit ohne rechnerische Berücksichtigung vorab auf den (Antragsteller) von der (Antragsgegnerin) übertragen werden soll. Die Übertragung erfolgt jedoch entgeltlich in der Höhe, in der zum Trennungszeitpunkt noch Belastungen auf dem Privatgrundstück lasten, die auf den Erwerb dieses ¼ Miteigentumsanteil zurückgehen.
3) Für den Fall der Durchführung des Zugewinnausgleiches nach den vorstehenden Bestimmungen erklärt sich die (Antragsgegnerin) bereit, ihr zustehende Ausgleichszahlungen als Darlehen für den Betrieb des (Antragstellers) gegen angemessene Verzinsung zu belassen. Dies gilt jedoch nur, soweit die wirtschaftliche Situation der (Antragsgegnerin) es zulässt."
Wegen des Zugewinnausgleichs ist noch ein Verfahren vor dem Familiengericht Bremen (Gesch.-Nr. 65 F 1090/06) anhängiG.
Im Jahre 1986 schied die Miteigentümerin S. aus der Miteigentüme...