Leitsatz (amtlich)

Die Landesjustizverwaltung kann ohne Verstoß gegen das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und einfachgesetzliches Bundesrecht (§ 39 Abs. 3 S. 1 BNotO) in einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (§ 10 Abs. 5 S. 1 AVNot) bestimmen, dass Personen, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, nicht aber Notarin oder Notar sind, mit einer Notarvertretung nur dann betraut werden können, wenn sie mehr als 18 Monate in dem in Aussicht genommenen Amtsbezirk hauptberuflich als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt tätig gewesen sind.

 

Normenkette

BNotO § 39 Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.12.2002; Aktenzeichen NotZ 11/02)

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 2.000 Euro.

 

Gründe

Die Verfügung des Antragsgegners vom 10.12.2001 ist rechtmäßig. Der durch den Antragsteller vorgeschlagene Kandidat, Herr RA M., erfüllt nicht die durch § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot vorgeschriebene Mindestdauer der Zulassung in dem in Aussicht genommenen Bezirk (I.). Die Regelung des § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot verletzt den Antragsteller nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG (II.). Sie verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (III.). Daraus, dass der durch den Antragsteller vorgeschlagene Kandidat bereits zweimal jeweils durch ein Büroversehen zu dessen Notarvertreter bestellt wurde, ergibt sich kein Anspruch auf eine erneute Bestellung (IV.).

I. Soweit der Antragsteller geltend macht, der von ihm vorgeschlagene Kandidat RA M. sei vom 12.8.1999 bis zum 16.6.2000 sowohl in Bremerhaven als auch in Langen, und im unmittelbaren Anschluss daran vom 16.6.2000 an nur noch in Langen zugelassen gewesen, führt dies nicht dazu, dass Herr RA M. die Mindestdauer der Zulassung nach § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot erfüllt hätte. Zwar war Herr RA M. zum Zeitpunkt des Antrags auf Bestellung zum Notarvertreter am 7.12.2001 seit mehr als 18 Monaten als Rechtsanwalt zugelassen. Dies gilt jedoch nur für die Zulassung im Bezirk des AG Langen. Erforderlich wäre nach § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot aber eine Zulassung von mindestens 18 Monaten im Bezirk des AG Bremerhaven, in dem die Notarvertretung erfolgen soll. Die Zulassung im Bezirk Bremerhaven wurde jedoch bereits nach 10 Monaten gelöscht.

II. Der Antragsteller wird durch § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG verletzt. Die Regelung des § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot bedarf insbesondere keines formellen Gesetzes.

1. Zwar hat das BVerfG mit Beschluss vom 21.6.1989 entschieden, dass die Regelung einer oberen Altersgrenze für die Zulassung als Notar eines Gesetzes bedarf (BVerfG v. 21.6.1989 – 1 BvR 32/87, BVerfGE 80, 257). Eine solche Regelung kann deshalb nicht durch die AVNot allein getroffen werden. Die angesprochene Entscheidung des BVerfG ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Regelung des § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot stellt – anders als die dem BVerfG in dem zitierten Fall vorliegende Vorschrift – keine Berufswahlbeschränkung i.S.e. subjektiven Zulassungsbeschränkung dar. Die Freiheit, den Beruf des Notars zu wählen, wird durch § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot nicht beeinträchtigt. Die Vorschrift bezieht sich allein auf die Bestellung als Notarvertreter. Dieses ist jedoch kein eigenständiger Beruf, sondern allenfalls ein dem Beruf des Rechtsanwaltes oder Notars zuzuordnender Tätigkeitsbereich. Eine Berufswahlregelung zulasten des zu vertretenden Notars scheidet damit ebenso aus, wie eine Berufswahlregelung zum Nachteil des vorgeschlagenen Kandidaten. Aus diesem Grund erweist sich auch der Beschluss des BVerfG vom 18.6.1986 (BVerfG v. 18.6.1986 – 1 BvR 787/80, BVerfGE 73, 280 = MDR 1987, 201) als nicht einschlägig, denn auch diese Entscheidung befasst sich mit subjektiven Zulassungsvoraussetzungen, die als Berufswahlschranken zumindest ihren Grundzügen nach gesetzlich geregelt werden müssen.

2. § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot beeinflusst demgegenüber lediglich die Berufsausübung des zu vertretenden Notars, der in der Wahl der Kandidaten, die er als Vertreter vorschlagen kann, eingeschränkt wird. Berufsausübungsregelungen greifen nach der durch das BVerfG vorgenommenen Kategorisierung zwar in das Grundrecht aus Art. 12 GG ein. Sie sind aber gegenüber den objektiven und subjektiven Berufswahlbeschränkungen die Eingriffsform mit der geringsten Eingriffsintensität. Nach der durch das BVerfG insbesondere zu Art. 12 GG entwickelten sog. Wesentlichkeitstheorie bedürfen jedoch nur wesentliche Eingriffe einer in die Einzelheiten gehenden gesetzlichen Regelung. Weniger einschneidende Eingriffe können in verfassungskonformer Weise auch durch untergesetzliche Normen vorgenommen werden, die allgemein gehaltene gesetzliche Vorschriften konkretisieren. Dies ist hier der Fall. § 10 Abs. 5 S. 1 AVNot präzisiert § 39 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 BNotO – die ihrerseits nur bestimmen, dass Notarvertreter ernannt werden können, wenn sie fähig sind, das Amt eines Notars zu beklei...

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