Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Kostenregelungen in einem Vergleich; hier: eigene Aufwendungen einer Partei zur Vor- und Nachbereitung eines Ortstermins mit Bauteilöffnung sind keine Gerichtskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Auslegung von Kostenregelungen in einem Vergleich ist die formale Ausrichtung des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 14. Mai 2014 - XII ZB 539/11 -, Rn. 7, juris; Beschluss vom 24. Februar 2021 - VII ZB 55/18 -, Rn. 11, juris).

2. Aufwendungen der Parteien zählen auch dann, wenn sie zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit einem gerichtlich bestellten Sachverständigen getätigt werden, nicht zu den Gerichtskosten im Sinne einer Kostenvereinbarung der Parteien (Anschluss an BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - VII ZB 55/18 -, Rn. 12, juris).

 

Normenkette

ZPO § 92 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 3 O 951/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bremen vom 03.04.2023 - 3 O 951/19 - wird auf Kosten des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Berücksichtigung der Kosten zur Beseitigung der Folgen einer Bauteilöffnung im Kostenverfahren als Gerichtskosten.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung von Mängeln an von der Beklagten verlegten Wand- und Bodenfliesen, an denen sich unstreitig nach der Abnahme Risse gezeigt hatten. Die Beklagte stellte eine eigene Verantwortlichkeit in Abrede und führte an, dass Mängel im Untergrund ursächlich für die Risse sein. Das Landgericht beauftragte den Sachverständigen P. mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Ursachen der Rissbildungen in den Fliesen und zur Erkennbarkeit etwaiger Mängel in Vorgewerken. Im Zuge der Vorbereitungen der notwendigen Ortstermine einschließlich Bauteilöffnungen wies der Sachverständige darauf hin, dass er zur Schließung der Bauteilöffnungen einen Fachbetrieb heranziehen könne und dass das passende Fliesenmaterial vor Ort zur Verfügung zu stellen sei. Der Kläger erklärte gegenüber dem Sachverständigen, dass dieser zum Schließen der Belagsöffnungen den Fliesenbelag selbst nicht verlegen solle. Ausweislich der Abrechnung des Sachverständigen zog dieser das Unternehmen X. GmbH aus Bremerhaven zur Bauteilöffnung und zum Verschließen der Löcher im Estrich heran. Eine anschließende Verlegung von Fliesen rechnete der Sachverständige nicht ab.

Nach Erstattung des Gutachtens und Anhörung des Sachverständigen schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2022 einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtete, einen Abgeltungsbetrag in Höhe von 150.000 EUR an den Kläger zu zahlen. In der Kostenregelung des Vergleichs unter der dortigen Ziffer 2 heißt es:

"2. Die gerichtlichen Kosten trägt die Beklagte. Im Übrigen werden die Kosten gegeneinander aufgehoben."

Im Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Kläger Festsetzung der vom Kläger bevorschussten Gerichtskosten einschließlich bevorschusster Sachverständigenkosten. Zusätzlich machte der Kläger künftige Kosten zur Erneuerung der bei den Ortsterminen zur Bauteilöffnung zerstörten Boden- und Wandfliesen geltend. Hierzu legte er ein Angebot der Firma X. GmbH vom 05.09.2022 vor. Darin wird dem Kläger angeboten, für eine Vergütung von 14.827,40 EUR zwei Wandfliesen und fünf Bodenfliesen nebst Vorarbeiten zu liefern und einzusetzen.

Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 03.04.2020 setzte das Landgericht Bremen die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Gerichtskosten auf 21.987,90 EUR fest und lehnte es ab, zusätzlich die vom Kläger geltend gemachten Kosten zur Wiederherstellung nach Bauteilöffnung festzusetzen, da es sich hierbei nicht um gerichtliche Kosten handele.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 20.04.2023, die am selben Tag bei Gericht eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 04.05.2023 begründet der Kläger seine Beschwerde und macht geltend, dass es sich bei den Aufwendungen zur Wiederherstellung des Zustandes vor Bauteilöffnung um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handele. Zu den notwendigen Kosten der Prozessführung zählten auch diejenigen Aufwendungen, die dem Kostengläubiger für die Vorbereitung einer durch das Gericht angeordneten Beweisaufnahme oder für die notwendige Wiederherstellung nach Durchführung der Beweisaufnahme entstanden seien. Die geltend gemachten Arbeiten dienten eben diesem Zweck, die durch die Bauteilöffnungen im Zuge der Begutachtung entstandenen Schäden zu beseitigen. Außerdem sei der Gerichtssachverständige Geschäftsführer der X. GmbH, sodass tatsächlich der gerichtlich bestellte Sachverständige selbst die Wiederherstellung durchführen solle. Soweit ein gerichtlicher Sachverständiger selbst Schäden aus einer Bauteilöffnung beseitige, seien die insoweit anfallenden Kosten als Gerichtskosten einzuordnen. Jedenfalls seien die Kosten aber ...

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