Leitsatz (amtlich)

Die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO) erforderliche Dringlichkeit für eine Regelung im Eilverfahren fehlt, wenn der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erst mehr als vier Monate nach Eintritt der Gefährdung der Rechtsposition des Antragstellers bei Gericht angebracht wird.

 

Normenkette

ZPO § 935

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 27.05.2003; Aktenzeichen 8 O 1096/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Bremen – 8. Zivilkammer – vom 27.5.2003 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückgewiesen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt Euro 11.205,60.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Schriftsatz vom 12.6.2003 gegen den Beschluss des LG Bremen – 8. Zivilkammer – vom 27.5.2003 ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2, § 922 Abs. 1 S. 1, §§ 935, 936 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, weil das LG in dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen hat. Dabei hat das LG zutreffend entscheidend darauf abgestellt, dass eine einstweilige Verfügung nur dann erlassen werden darf, wenn eine Dringlichkeit für eine Regelung im Eilverfahren gegeben ist (s. nur Thomas/Putzo/Reichold, Komm. zur ZPO, 25. Aufl. 2003, § 935 Rz. 6). Dass diese Voraussetzung vorliegt, kann angesichts des eigenen vorprozessualen Verhaltens des Antragstellers nicht festgestellt werden. Den Mietvertrag zwischen den Parteien, auf den der Beschwerdeführer seine mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemachten Ansprüche stützt, hatte die Antragsgegnerin am 19.11.2002 ohne nähere Begründung fristlos gekündigt. Die Kündigung hatte der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 22.11.2002 zurückgewiesen und mit Anwaltsschreiben vom 27.12.2002 die Antragsgegnerin aufgefordert, innerhalb einer Frist bis zum 4.1.2003 schriftlich zu bestätigen, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 19.11.2002 nicht beendet worden sei, andernfalls er – Antragsteller – „entsprechende Klage bei Gericht” einreichen werde. Nachdem bis zum 4.1.2003 eine Reaktion der Antragsgegnerin auf das Anwaltsschreiben vom 27.12.2002 nicht erfolgt war, war die Gefährdung der durch den Mietvertrag der Parteien ursprünglich gesicherten Rechtsposition des Antragstellers manifest, zumal dem Beschwerdeführer überdies aufgrund eines Gesprächs mit dem Bauleiter des Bauvorhabens L.-Straße 68 im Spätsommer 2002 bekannt war, dass die Beschwerdegegnerin die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses L..Straße 68 für den Betrieb einer Gastronomie auszubauen beabsichtigte, was mit dem Anspruch des Beschwerdeführers aus seinem Mietvertrag mit der Beschwerdegegnerin nicht zu vereinbaren war, wonach ein Teil des Erdgeschosses als Optikerfachgeschäft auszubauen war (vgl. eidesstattliche Versicherung des Beschwerdeführers vom 13.6.203. Der Beschwerdeführer hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Dringlichkeit für eine Regelung im Eilverfahren während der ersten Monate des Jahres 2003 vorübergehend nicht bestand. Dazu hätte es der Glaubhaftmachung intensiver erfolgversprechender Verhandlungen der Parteien über die Rücknahme der fristlosen Kündigung der Beschwerdegegnerin vom 19.11.2002 bedurft. Entsprechender Vortrag des Beschwerdeführers fehlt. Angesichts des nach Auffassung des Beschwerdeführers grob vertragswidrigen Verhaltens der Beschwerdegegnerin hatte der Antragsteller vielmehr auch in den ersten Monaten des Jahres 2003 Veranlassung für die Annahme, er werde ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nicht zu seinem Recht gegen die Beschwerdegegnerin kommen. Es bleibt deshalb dabei, dass der Antragsteller zu Beginn des Jahres 2003 und nicht erst Ende Mai 2003 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hätte stellen müssen. Angesichts der dilatorischen Behandlung der Angelegenheit durch den Antragsteller ist ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht, wie das LG ohne Rechtsfehler festgestellt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105531

MDR 2004, 50

OLGR-BHS 2003, 423

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