Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentschädigung; Familienheim; Alleineigentum
Leitsatz (amtlich)
Nutzt ein Ehegatte mit den gemeinsamen Kindern das im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehende Haus nach der Trennung seit mehreren Jahren, kann eine Nutzungsvergütung in Höhe des objektiven Mietwertes jedenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Alleineigentümerehegatte in wirtschaftlich beengten Verhältnissen lebt.
Normenkette
BGB § 1361b Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 09.02.2010; Aktenzeichen 65 F 2138/09) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 9.2.2010 dahingehend abgeändert, dass dem Antragsteller unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R. über die durch Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 4.9.2009 bereits bewilligte Prozesskostenhilfe hinaus auch insoweit ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wird, als er eine weitere monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 350 EUR für den Zeitraum Juli 2009 bis Dezember 2009 und i.H.v. 330 EUR ab dem 1.1.2010 begehrt. Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen.
2. Die Gebühr gem. Anlage 1 Ziff. 1812 zu § 3 Abs. 2 GKG wird nicht erhoben.
Gründe
I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Sie haben drei gemeinsame Kinder, die im Juli 1999 geborenen Zwillinge L. und F. und die im Mai 2001 geborene Tochter F. Der Antragsteller hat ein weiteres nichtehelich geborenes Kind. In der Ehe haben die Parteien das im Alleineigentum des Antragstellers stehende Haus bewohnt. Seit dem Auszug des Antragstellers im Oktober 2005 bewohnt die Antragsgegnerin gemeinsam mit den Kindern der Parteien das Haus allein. Durch Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 13.9.2006 ist ihr das Haus im Rahmen des im Jahr 2006 eingeleiteten Scheidungsverfahrens im Wege einstweiliger Anordnung zugewiesen worden (Bl. 54 EA-Heft aus 65 F 970/06). Die Finanzierungskosten für das Haus sowie die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung trägt der Antragsteller allein. Die gesamten monatlichen Kosten beliefen sich im Jahr 2009 auf 183,07 EUR (= 391,32 EUR abzgl. Eigenheimzulage 208,25 EUR). Seit Wegfall der Eigenheimzulage Anfang 2010 hat der Antragsteller 392,67 EUR monatlich für das Haus zu zahlen.
Im Oktober 2007 schlossen die Parteien vor dem OLG Bremen einen Vergleich (Geschäftszeichen: 4 UF 90/07 = 65 F 3121/05 AG Bremen) über den vom Antragsteller an die gemeinsamen Kinder zu zahlenden Unterhalt. In dem Vergleichstext heißt es u.a. "Die Parteien (gehen) davon aus, dass nach dem Einkommen des Beklagten grundsätzlich Unterhalt nach der ersten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle geschuldet wird, jedoch ein Abschlag von 20 % für das mietfreie Wohnen der Kinder im Haus des Beklagten vorzunehmen ist. Es wird weiter davon ausgegangen, dass der Beklagte von der Klägerin keine Nutzungsvergütung für die Nutzung des in seinem Eigentum stehenden Hauses ... verlangt."
Mit Schreiben vom 29.6.2009 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 800 EUR auf, was diese ablehnte. Daraufhin hat der Antragsteller zunächst mit dem am 30.7.2009 beim AG eingegangenen Antrag Prozesskostenhilfe für die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin auf eine monatliche Nutzungsentschädigung von 800 EUR begehrt. Nachdem das AG - Familiengericht - Bremen durch Beschluss vom 4.9.2009 dem Antragsteller lediglich Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung von monatlich 400 EUR bewilligt hatte, hat er seinen am 26.10.2009 gestellten Antrag insoweit beschränkt. Mit Schriftsatz vom 18.11.2009 hat der Antragsteller schließlich seinen Antrag bzgl. der geltend gemachten Nutzungsentschädigung auf 750 EUR erweitert und beantragt, ihm auch insoweit Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Durch Beschluss vom 9.2.2010 hat das Familiengericht den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II. Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsteller ist überwiegend begründet.
Den Anspruch auf Nutzungsentgelt während des Getrenntlebens der Ehegatten regelt § 1361b III S. 2 BGB. Danach kann der aus dem Familienheim ausgezogene Ehegatte von dem nutzenden Ehegatten eine Nutzungsvergütung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Die Vorschrift des § 1361b III S. 2 BGB ist insb. bei Alleineigentum des weichenden Ehegatten unabhängig davon anzuwenden, ob die Ehegatten - wie hier - im Rahmen eines Wohnungszuweisungsverfahren um die künftige Nutzung gestritten haben, oder ob ein Ehegatte freiwillig aus der in seinem Alleineigentum stehenden bisherigen Ehewohnung ausgezogen ist (BGH FamRZ 2006, 930, 931; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 5. Aufl. (2009), Rz. 246, zu den Miteigentumsfällen s. Rz. 99). Die Voraussetzungen für die Zahlung einer Nutzungsvergütung liegen hier vor.
1. Der vom Antrags...