Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung bei Anordnung des Ruhens des Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
Ordnet ein Familiengericht in einem durch einen Ehegatten eingeleiteten Verfahren auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleich auf ausdrücklichen Hinweis des Familienrichters und auf Antrag eines und im Einverständnis beider Ehegatten das Ruhen des Verfahrens an, um den Abschluss eines durch den anderen Ehegatten parallel bei einem anderen Familiengericht eingeleiteten Verfahrens auf Zugewinnausgleich abzuwarten, endet die Hemmung der Verjährung nicht, wenn das Verfahren nicht binnen sechs Monaten nach der Anordnung des Ruhens des Verfahrens weiter betrieben wird.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 2 S. 2 in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung, S. 3, § 1378 Abs. 1, 4 S. 1 in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 4 O 2347/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen - 4 O 2347/20 - vom 15.7.2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen des Vorwurfs einer anwaltlichen Pflichtverletzung.
Er beauftragte die Beklagte zu 1 Anfang 2007 mit der Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs gegen seine frühere Ehefrau. Die zuständige anwaltliche Sachbearbeiterin war die Beklagte zu 2.
Der Kläger und seine frühere Ehefrau heirateten am [...]1978. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Kläger am 22.2.2002 zugestellt. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts X vom 19.3.2004, rechtskräftig seit dem 4.6.2004, geschieden. Eine Urteilsausfertigung nebst Rechtskraftvermerk ist den Ehegatten spätestens am 22.7.2004 zugegangen.
Am 8.5.2007 erhob die frühere Ehefrau des Klägers eine auf Zugewinnausgleich gerichtete Stufenklage bei dem Amtsgericht - Familiengericht - X zum Az. [...]. Die Beklagte zu 2 erhob für den Kläger mit einer am 31.5.2007 bei Gericht eingegangenen, der früheren Ehefrau am 8.6.2007 zugestellten Klagschrift ebenfalls eine auf Ausgleich des Zugewinns gerichtete, i.H.v. 110.349,66 EUR bezifferte Klage vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Y ([...]). Mit Schriftsätzen vom 10.6.2007 berief sich die zu diesem Zeitpunkt in dem vor dem Amtsgericht Y betriebenen Verfahren noch nicht anwaltlich vertretene frühere Ehefrau des Klägers auf Verjährung, verwies auf ihre in X anhängige Stufenklage, beantragte hilfsweise "kraft Sachzusammenhangs und aus ökonomischen Gründen" die Abgabe des Verfahrens an das Familiengericht X und ganz hilfsweise das Ruhen des Verfahrens vor dem Amtsgericht Y bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Amtsgericht X. Die Beklagte zu 2 beantragte für den Kläger am 13.7.2007 beim Amtsgericht Y die Abgabe des Verfahrens an das Familiengericht X, damit die Sache dort als Widerklage behandelt werde. Nachdem das Amtsgericht Y das Verfahren mit Beschluss vom 16.7.2007 an das Familiengericht X verwiesen hatte, hat dieses das Verfahren an das Amtsgericht Y zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 23.10.2007 (5 AR 38/07) das Amtsgericht Y als zuständiges Gericht bestimmt. Eine hiergegen gerichtete Gehörsrüge/Gegenvorstellung der früheren Ehefrau des Klägers blieb erfolglos.
Das Amtsgericht Y hat den Parteien daraufhin am 19.11.2007 das Ruhen des Verfahrens vorgeschlagen, weil eine gemeinsame Klärung und Verhandlung der gegenseitig erhobenen Zugewinnausgleichsansprüche nicht möglich sei. Eine Rücknahme der Klage und die Erhebung einer Widerklage in X könne nicht angeraten werden, da dies den Eintritt der Verjährung des Anspruchs des Klägers zur Folge hätte. Andererseits könne es im Kosteninteresse nicht sinnvoll sein, beide Verfahren parallel zu betreiben, insbesondere vor beiden Gerichten Sachverständigengutachten über den Wert von fünf Immobilien einzuholen. Es werde deshalb vorgeschlagen, das Ruhen des Verfahrens in Y zu beantragen und den Ausgang des Verfahrens in X abzuwarten.
Die Beklagte zu 2 beantragte für den Kläger am 10.12.2007 im Hinblick auf das Schreiben des Amtsgerichts Y vom 19.11.2007 das Ruhen des Verfahrens, weil es im Kosteninteresse nicht sinnvoll sei, beide Verfahren parallel zu betreiben. Die frühere Ehefrau des Klägers stimmte dem Ruhen des Verfahrens in Y mit Schriftsatz vom 10.1.2008 zu. Das Amtsgericht - Familiengericht - Y hat daraufhin mit Beschluss vom 14.1.2008 das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Parallelverfahrens vor dem Familiengericht X angeordnet und die Parteien mit Begleitschreiben gleiche...