Leitsatz (amtlich)

1. In der Werbeaussage „Wir haben die tiefsten Preise der Region” ist die Tatsachenbehauptung zu sehen, dass der Werbende hinsichtlich des gesamten bei ihm vorhandenen Warenangebots die niedrigsten Preise verlange und insofern eine Alleinstellung einnehme.

2. Auch bei einer auf tatsächlichen Verhältnissen beruhenden behaupteten Alleinstellung trifft grundsätzlich denjenigen, der die Richtigkeit dieser Behauptung in Zweifel zieht, die Darlegungs- und Beweislast für seine gegenteilige Darstellung.

3. Eine Ausnahme gilt dann, wenn es der Werbende durch Hinzufügung eines unbestimmten Begriffs („Region”) für den Mitbewerber unzumutbar gemacht hat, der werblichen Aussage mit tatsächlichen Feststellungen in geeigneter Weise entgegen zu treten, wobei die Unbestimmtheit insb. darin ihre Ursache hat, dass es sich bei den identisch Werbenden um zwei zwar rechtlich selbstständige, aber konzernmäßig verbundene Unternehmen handelt, deren Geschäftslokale weniger als zwanzig Kilometer voneinander entfernt sind.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 04.09.2003; Aktenzeichen 12 O 192/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen – 2. Kammer für Handelssachen – vom 4.9.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Urteilstenor der Satz „Lassen Sie sich nicht ein X. für ein U. vormachen.” entfällt.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 9.850 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber. Sie vertreiben Gegenstände der Unterhaltungselektronik, EDV-Artikel, Fotoartikel uns Haushaltsgeräte an Endverbraucher. Einer Wettbewerberin wurde durch im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung des LG Berlin vom 20.1.2003 (LG Bremen v. 20.1.2003 – 15 O 101/03, Anlage JS 1 = Bl. 23/24 d.A.) untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Artikel des Sortiments mit dem Hinweis anzukündigen, für einen begrenzten Zeitraum erhielten Kunden bei Vorlage eines Coupons für jeden Einkauf ab 199 Euro einen Einkaufsgutschein über 10 % der Kaufsumme, der von den Kunden beim nächsten Einkauf eingelöst werden könne, insb. wie geschehen in der Werbung vom 20.2.2003 und/oder eine solchermaßen angekündigte Verkaufsveranstaltung ankündigungsgemäß durchzuführen. Diese einstweilige Verfügung bestätigte das LG Berlin mit Urteil vom 25.4.2003 (LG Berlin, Urt. v. 25.4.2003, Anlage JS 2 = Bl. 26–31 d.A.). Am 21.2.2003 warben die Beklagten mit einer im Weser-Kurier erschienenen ganzseitigen Anzeige unter Wiedergabe des der Wettbewerberin untersagten Textes mit folgenden Hinweisen: „Lassen Sie sich nicht ein X für ein U vormachen”, wobei diese Aussage in farbigen Buchst. auf einer weißen in Gestalt eines Pfeils, gerichtet auf den Hinweis „10 %”, ausgestalteten Unterlage hervorgehoben ist. Blickmäßig durch weitaus größere Buchst. in den Vordergrund gerückt ist sodann die nachfolgende Werbeaussage: „Wir haben die tiefsten Preise der Region.” Wiederum weiß unterlegt folgt der Hinweis „Alles Andere ist Blödsinn.”

Die Klägerin hat die Beklagten nach erfolglos gebliebenen Aufforderungen zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen vom 21.2.2003 (Bl. 8/9 d.A. für die Beklagte zu 1) und Bl. 6/7 d.A. für die Beklagte zu 2)) mit der am 28.4.2003 eingereichten Klage auf Unterlassung der beiden letztgenannten werblichen Aussagen in Anspruch genommen, weil in diesen eine unzulässige Alleinstellungswerbung zu sehen sei. Die Beklagten sind diesem Vorwurf entgegen getreten. Sie haben geltend gemacht, die von der Klägerin bekämpfte Werbeaussage sei nur in Zusammenhang mit der der Wettbewerberin durch die Entscheidungen des LG Berlin verbotenen Werbung zu verstehen, die in der Anzeige der Beklagten vom 21.2.2003 auch inhaltlich wiedergegeben worden sei, und daher nicht wettbewerbswidrig.

Das LG hat mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Tatbestand (Bl. 40/41 d.A.) und Entscheidungsgründe (Bl. 41/42 d.A.) Bezug genommen wird, die Beklagten verurteilt, es bei Meidung im Einzelnen umschriebener Ordnungsmittel zu unterlassen, in werblichen Verlautbarungen ggü. dem Verbraucher wie folgt zu werben: „Lassen Sie sich nicht ein X für ein U vormachen. Wir haben die tiefsten Preise der Region. Alles andere ist Blödsinn.” Das LG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die von der Klägerin mit Recht beanstandete Werbung der Beklagten verstoße gegen § 3 UWG, da sie eine irreführende Alleinstellungsbehauptung enthalte. Der Hinweis auf „die billigsten Preise der Region” werde vom Verkehr als objektiv nachprüfbare Aussage über das Preisniveau des gesamten Angebots der Beklagten im Vergleich zu sämtlichen Wettbewerbern in der Region, d.h. in Bremen und dem Bremer Umland, verstanden, die auf ihre objektive Richtigkeit nachprüfbar sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich aus der deutlich erkennbare...

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