Entscheidungsstichwort (Thema)
Härtefallklausel bei Doppelbelastung eines Ehegatten. Versorgungsausgleich: Ausschluss wegen grober Unbilligkeit bei erheblichem Gefälle zwischen erwirtschafteten Versorgungsanrechten der Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB a.F. findet nicht bereits dann statt, wenn die Ehefrau in der Ehe die werthöheren Anrechte erworben hat, die aus beruflicher Tätigkeit sowie aus Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung stammen, während der Ehemann als freiberuflich tätiger Versicherungskaufmann in der Ehe nur geringere Versorgungsanrechte erwirtschaftet hat.
Normenkette
BGB a.F. § 1587c
Verfahrensgang
AG Lehrte (Beschluss vom 10.09.2008; Aktenzeichen 8 F 8512/07) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Gifhorn 10.9.2008 geändert und wie folgt gefasst:
Von dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 91,33 EUR, bezogen auf den 30.9.2007 als Ende der Ehezeit, auf das VersicherungskontoNr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover übertragen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
III. Der Wert des Streitgegenstands des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
IV. Der Antragstellerin wird ratenlose Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R.,..., für das Beschwerdeverfahren beiwilligt.
Gründe
1. Das AG hat in dem angefochtenen Beschluss in der aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Folgesache Versorgungsausgleich festgestellt, dass dieser für die in der Ehezeit vom 1.1.1999 bis zum 30.9.2007 erworbenen Rentenanwartschaften gem. § 1587c BGB nicht durchgeführt wird. Zur Begründung hat das AG maßgeblich darauf abgestellt, dass der Antragsgegner eine für ihn bestehende private Rentenversicherung vor Ehezeitende aufgelöst und für eigene Zwecke verwendet habe, die Antragstellerin durch die Kinderbetreuung sowie Teilzeittätigkeiten überobligatorisch zum Familienunterhalt beigetragen habe und auf absehbare Zeit Unterhaltsansprüche für die Antragstellerin nicht zu realisieren seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der der Antragsgegner geltend macht, drei Kapitallebensversicherungen zur Rückführung von Verbindlichkeiten aufgelöst zu haben. Darüber hinaus hätten beide Parteien in gleichem Maße zum Familienunterhalt beigetragen.
2. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Begründung des AG im angefochtenen Beschluss trägt nach Auffassung des Senats vorliegend den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587c BGB nicht.
Die am 13.2.1971 geborene Antragstellerin hat nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 9.4.2008 Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.S.v. § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB von monatlich 187,30 EUR, entsprechend 7,1297 Entgeltpunkten, erworben. Davon entfallen 5,9976 Entgeltpunkte auf Zeiten der Kindererziehung, an die sich die (teilschichtige) Tätigkeit der Antragstellerin als Krankenschwester von Juli 2005 bis (hier maßgeblich) September 2007 anschloss.
Anwartschaften aus der Zusatzversorgungskasse der Stadt H. hat die Antragstellerin nach deren Auskunft vom 21.1.2008 in der Ehezeit nicht erworben, während solche bei der Zusatzversorgungskasse der Ev.-Luth. Landeskirche H. nach deren Auskunft vom 22.1.2008 bei einer Beschäftigung seit dem 1.7.2005 noch nicht unverfallbar sind.
Der am 10.9.1969 geborene Antragsgegner hat nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover vom 20.2.2008 während der Ehezeit keine Rentenanwartschaften erworben. Nach seinen Angaben zum Versorgungsausgleich war er seit 1996 freiberuflich als Versicherungskaufmann tätig. Nach der Auskunft der C. Lebensversicherungs a. G. vom 23.1.2008 hat der Antragsgegner aus zwei fondsgebundenen Rentenversicherungen in der Ehezeit Guthaben von 518,37 EUR sowie 518,33 EUR erworben. Bei einem Gesamtbetrag von 1.036,70 EUR errechnet sich hieraus eine monatliche Anwartschaft von 4,64 EUR (x 0,0001704126 = 0,1767 EGP x 26,27).
Da die Antragstellerin die höheren Anwartschaften erworben hat, ist sie gem. § 1587 Abs. 1 BGB ausgleichspflichtig in Höhe der Hälfte des Wertunterschieds von 187,30 EUR - 4,64 EUR = 182,66 EUR: 2 = 91,33 EUR. Auch in Höhe dieses Betrages hält der Senat einen Ausgleich der Versorgungsanwartschaften nicht für grob unbillig i.S.v. § 1587c BGB.
Gemäß § 1587c Nr. 1 BGB findet der Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe, grob unbillig wäre. Das ist nur ausnahmsweise der Fall. Die gesetzliche Regelung macht die gleichmäßige Verteilung der in der Ehezeit erworbenen ...