Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenbefreiung für Wasserzweckverband

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Wasserzweckverband, der nach seiner Verbandsordnung keine Gewinne erzielen darf, ist in Niedersachsen von der Zahlung der Gerichtsvollziehergebühren befreit.

 

Normenkette

Nds. JustizG § 108

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Beschluss vom 20.11.2014; Aktenzeichen 1 T 86/14)

AG Peine (Aktenzeichen 8 M 562/14)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 4.12.2014 gegen den Beschluss des LG Hildesheim vom 20.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Kostenschuldner ist ein Zweckverband i.S.v. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 7 ff. des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG). Verbandsmitglieder sind die in Anlage 1 der Satzung aufgeführten Gebietskörperschaften.

Gemäß § 3 seiner Verbandsordnung nimmt der Kostenschuldner für die Verbandsmitglieder die Aufgaben der Versorgung der Verbandsmitglieder mit Trink- und Brauchwasser sowie gegebenenfalls auch der Abwasserentsorgung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge wahr. Nach § 6 Abs. 4 der Verbandsordnung darf der Kostenschuldner keinen Gewinn erzielen. Gleichwohl erwirtschaftete Überschüsse werden im Haushalt des Kostenschuldners als Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden 3 Jahre lang vorgetragen und mit eventuellen Unterdeckungen der Folgejahre ausgeglichen. Sofern nach Ablauf der 3 Jahre der Überschuss nicht vollständig ausgeglichen ist, wird der verbleibende Restbetrag an die Kunden rückvergütet.

Mit Antrag vom 7.2.2014 erteilte der Kostenschuldner dem Obergerichtsvollzieher L. bei dem AG Peine einen Vollstreckungsauftrag, für den der Gerichtsvollzieher mit Kostenrechnung vom 14.4.2014 Gebühren i.H.v. EUR 15 nach Nr. 604 KV GvKostG für eine nicht erledigte Amtshandlung sowie Auslagen i.H.v. EUR 11,50 erhob.

Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung des Kostenschuldners vom 24.4.2014 hat das AG Peine die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers abgeändert und mit Beschluss vom 13.5.2014 auf die Auslagen i.H.v. EUR 11,50 unter Nichterhebung der Gerichtsvollziehergebühren reduziert. Mit Beschluss vom 7.8.2014 (fälschlicherweise mit Datumsangabe "7.8.2013") hat sodann das AG erneut im Wege der Abhilfeentscheidung die Höhe der zu erstattenden Auslagen ohne nähere Angaben zur Berechnung auf Kosten für Pauschale und Wegegeld i.H.v. nunmehr "zusammen EUR 13,00" festgesetzt. Zur Begründung der Nichterhebung der Gerichtsvollziehergebühren i.H.v. EUR 15 hat das AG ausgeführt, der Kostenschuldner sei gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über die Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit (Nds. GGebBefrG) gebührenbefreit.

Gegen diesen Beschluss hat die Landeskasse die vom AG zugelassene Beschwerde eingelegt. Sie hat dabei die Ansicht vertreten, bei dem Kostenschuldner handele es sich um ein wirtschaftliches Unternehmen mit eigenem Haushalt, wie auch den Veröffentlichungen 2009 bis 2013 im Amtsblatt zu entnehmen sei. Dieser Umstand stehe nach § 2 GKG einer Gebührenbefreiung entgegen.

Der Kostenschuldner ist der Beschwerde entgegen getreten. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, er betreibe kein Unternehmen mit Gewinnerwirtschaftung. Damit könne eine Befreiung von den Gebühren des Gerichtsvollziehers nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nds. GGebBefrG beansprucht werden. § 2 Abs. 3 GKG sehe ausdrücklich vor, dass landesrechtliche Vorschriften unberührt bleiben. Die fehlende Gewinnorientierung des Wasserzweckverbandes sei nicht nur § 6 Abs. 4 der Verbandsordnung, sondern auch den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen zu entnehmen.

Das LG hat mit Beschluss vom 20.11.2014 die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des AG Peine vom 7.8.2014 zurückgewiesen und wie das AG die Voraussetzungen einer Gebührenbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nds. GGebBefrG bejaht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat es die weitere Beschwerde zum OLG zugelassen.

Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Kostenschuldner handele es sich um einen kommunalen Zusammenschluss des öffentlichen Rechts i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Nds. GGebBefrG, der nicht als wirtschaftliches Unternehmen anzusehen sei. Der nicht legal definierte Begriff des "wirtschaftlichen Unternehmens" sei dabei unbeschadet der kommunalrechtlichen Begriffsstruktur vor allem nach dem Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht zu beurteilen. Der Kostenschuldner verfolge insoweit aber schon nach § 6 Abs. 4 seiner Verbandsordnung keine Gewinnerzielungsabsicht. Nichts anderes ergebe sich auch nach den von der Kammer eingesehenen Jahresabschlüssen des Kostenschuldners, denen für das Jahr 2008 ein erheblicher Verlust i.H.v. EUR 1,9 Millionen, für das Jahr 2009 ein leichter Verlust i.H.v. EUR 80.000,00, für das Jahr 2010 ein Verlust i.H.v. EUR 163.000,00, für das Jahr 2011 ein Überschuss i.H.v. EUR 210.000,00, für das Jahr 2012 ein Überschuss i.H.v....

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