Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsgebührenfreiheit eines Zweckverbandes für Abfallwirtschaft in Niedersachsen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Zweckverband Abfallwirtschaft, dessen Mitglieder eine Stadt und ein Landkreis sind, ist in Niedersachsen von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit, soweit er innerhalb seiner satzungsgemäßen Aufgaben tätig wird.

 

Normenkette

Nds. GGebBefrG § 1 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Celle (Beschluss vom 31.05.2011; Aktenzeichen Winsen Bl. 3501)

 

Tenor

Die Beschwerde der L. vom 6.6.2011 gegen den Beschluss des AG Celle vom 31.5.2011, durch den der Kostenansatz in der Kostenrechnung des AG Celle vom 16.4.2010 auf die Erinnerung des Kostenschuldners aufgehoben worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Kostenschuldner ist ein Zweckverband i.S.v. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 7 ff. des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG). Verbandsmitglieder sind der L. und die Stadt C. Gemäß § 4 Abs. 1 der Verbandsordnung nimmt der Kostenschuldner für die Verbandsmitglieder u.a. die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger war. Dazu gehören das Einsammeln und Befördern sowie die Verwertung und Entsorgung des im Verbandsgebiet anfallenden Abfalls. Gemäß § 16 Abs. 1 der Verbandsordnung arbeitet der Kostenschuldner auf Dauer mindestens kostendeckend.

Am 14.4.2010 beantragte der Kostenschuldner, der auch Vollstreckungsbehörde gem. § 6 Abs. 2 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ist, bei dem AG Celle die Eintragung einer Sicherungshypothek wegen rückständiger Abfallentsorgungsgebühren für ein im Verbandsgebiet belegenes Wohngrundstück und Nebenforderungen i.H.v. 1.636,97 EUR. Mit Kostenrechnung vom 16.4.2010 setzte der Kostenbeamte des AG für die Eintragung eine Gebühr gem. §§ 32, 23, 62 Abs. 1 KostO i.H.v. 18 EUR an. Hiergegen erhob der Kostenschuldner mit Schriftsatz vom 22.4.2010 Einwendungen, die der Rechtspfleger des AG als Erinnerung gem. § 14 Abs. 2 KostO behandelte und durch Beschluss vom 29.9.2010 zunächst zurückwies. Gegen diese Entscheidung, die ihm am 4.10.2010 zugestellt wurde, legte der Kostenschuldner mit Schriftsatz vom 5.10.2010 Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG ein.

Mit Beschluss vom 31.5.2011 (die bei den Akten befindliche Leseabschrift datiert auf den 1.6.2011) hob der Rechtspfleger des AG den Beschluss vom 29.9.2010 sowie die Kostenrechnung vom 16.4.2010 auf. Er führte aus, der Kostenschuldner sei gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über die Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit (GGebBefrG) gebührenbefreit. Der Kostenschuldner sei ein kommunaler Zusammenschluss des öffentlichen Rechts. Eine Gewinnorientierung sei nicht ersichtlich.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die L. mit ihrer Beschwerde vom 6.6.2011. Sie vertritt unter Hinweis auf zu § 144 KostO ergangene Rechtsprechung und Literatur die Ansicht, bei dem Kostenschuldner handele es sich um ein wirtschaftliches Unternehmen; dies stehe einer Gebührenbefreiung entgegen.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die von dem AG gem. § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat zu Recht angenommen, dass der Kostenschuldner gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GGebBefrG gebührenbefreit ist.

1. Eine Befreiung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GGebBefrG setzt voraus, dass es sich bei dem Kostenschuldner um einen kommunalen Zusammenschluss des öffentlichen Rechts handelt. Hiervon sind sowohl das AG als auch die L. zu Recht ausgegangen.

Der Begriff des kommunalen Zusammenschlusses des öffentlichen Rechts ist gesetzlich nicht definiert. Dem Wortlaut nach sind jedenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts erfasst, in denen sich Kommunen zu irgendeinem Zweck zusammengeschlossen haben. Dies trifft auf einen Zweckverband i.S.v. § 7 Abs. 1 NKomZG, der gem. § 8 Abs. 1 NKomZG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, jedenfalls dann zu, wenn seine Mitglieder - wie hier - Kommunen, nämlich ein Landkreis und eine Stadt, sind.

2. Ausgeschlossen ist die Gebührenbefreiung allerdings, soweit die Angelegenheit ein wirtschaftliches Unternehmen der Kommune bzw. des kommunalen Zusammenschlusses betrifft. Dies ist hier jedoch - entgegen der Ansicht der L. - nicht der Fall.

a) Der Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO ist in Anlehnung an die entsprechende Begriffsbildung des Kommunalrechts auszulegen (OLG Hamm JurBüro 1999, 95; OLG Zweibrücken NVwZ-RR 2010, 543; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 144 KostO Rz. 4; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann/Schwarz, KostO, § 144 Rz. 13 f.). Nichts anderes kann für § 1 Abs. 1 GGebBefrG gelten, der von seinem Regelungsgehalt her § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO vergleichbar ist. Herkömmlich wird unter einem wirtschaftlichen Unternehmen diejenige Tätigkeit verstanden, die auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung vorgenommen werden kann ...

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