Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Zulässigkeit einer Weisung des Gerichts ggü. einem Bausachverständigen, eine für die Erstattung des Gutachtens erforderliche Bauteilöffnung vorzunehmen.

 

Normenkette

ZPO §§ 485, 404a

 

Verfahrensgang

LG Stade (Beschluss vom 15.11.2004; Aktenzeichen 5 OH 2/04)

 

Nachgehend

LG Hildesheim (Beschluss vom 27.07.2005; Aktenzeichen 2 O 392/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Stade v. 15.11.2004 geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Sachverständige G. wird angewiesen, die zur Beantwortung der Beweisfrage I.1.e sowie in Bezug auf die vorgenannte Beweisfrage die Beweisfragen 2a-d nach seinen Ergänzungsgutachten v. 16.7. und 30.9.2004 erforderliche Bauteilöffnung im Bereich der Badewanne und/oder Dusche des Badezimmers im Haus der Antragstellerin H.v F.S. in C. vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen und sodann die Beweisfragen zu beantworten.

Gegen diese Entscheidung wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Feststellung verschiedener Mängel sowie deren Ursachen und Mangelbeseitigungskosten.

Die Antragsgegnerin errichtete für die Antragstellerin 1998/99 eine Doppelhaushälfte auf dem Grundstück H.v.F. in C. Die Mängelgewährleistung richtete sich nach Allgemeinem Recht.

Die Antragstellerin rügte verschiedene Mängel u.a. das Auftreten von Feuchtigkeitsflecken in dem unter dem Badezimmer liegenden Gäste-WC. Sie beantragte u.a. insoweit im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens insb. zur Ursache sowie zu den Mängelbeseitigungskosten.

Die Antragsgegnerin berief sich auf Verjährung und bestritt, für die im Gäste-WC aufgetretene Feuchtigkeit verantwortlich zu sein.

Das LG erließ unter dem 4.3.2004 antragsgemäß Beweisbeschluss und bestimmte zum Sachverständigen den Dipl.-Ing. H.G. Dieser erstattete zunächst unter dem 19.4.2004 sein Sachverständigengutachten, in dem er Feuchtigkeitsflecken im Gäste-WC des Hauses der Antragstellerin bestätigte. Er führte aus, die Versiegelung der Duschwanne müsse nachgearbeitet werden, sie sei aber nicht so schadhaft, dass sie für die aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden in Betracht komme. Da weder Duschwanne noch Badewanne im Badezimmer des Obergeschosses eine Revisionsklappe aufwiesen, sei es ihm nicht möglich festzustellen, worauf der Feuchtigkeitsmangel beruhe.

Die Antragsgegnerin beantragte daraufhin, den Sachverständigen entweder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens oder durch persönliche Anhörung zur Ursache der Feuchtigkeit zu befragen.

Durch Beschluss v. 3.6.2004 ordnete das LG an, der Sachverständige solle sich mit den Einwendungen der Antragsgegnerin gegen sein Gutachten auseinandersetzen und zu den von ihr aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen.

In dem hierauf erstatteten Ergänzungsgutachten v. 16.7.2004 führte der Sachverständige u.a. aus:

"Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, im Zuge eines Beweissicherungsverfahrens derartige Untersuchungen durchzuführen, denn dem Gericht als auch der Kanzlei G.u.P. ist bekannt, dass derartige Öffnungsarbeiten bei keinem öffentlich bestellten Sachverständigen bei eventuellen Schäden durch die Haftpflichtversicherung gedeckt sind.

Aus diesem Grunde werden grundsätzlich derartige Öffnungsarbeiten nicht von mir ausgeführt."

Daraufhin beantragte die Antragsgegnerin erneut, den Sachverständigen zu bitten, Feststellungen zur eigentlichen Ursache der im Gäste-WC festgestellten Nässeschäden zu treffen. Das LG ordnete sodann durch Beschluss v. 9.9.2004 an, es solle ein weiteres Ergänzungsgutachten zu der Frage eingeholt werden, auf welche Ursachen die im Gäste-WC des Hauses der Antragstellerin festgestellten Nässeschäden zurückzuführen seien. In seinem zweiten Ergänzungsgutachten v. 30.9.2004 nahm der Sachverständige G. insoweit Bezug auf sein erstes Ergänzungsgutachten v. 16.7.2004.

Nunmehr beantragte die Antragsgegnerin, das Gericht möge den Sachverständigen anweisen, ggf. unter Bauteilöffnung die Beweisfrage zu beantworten.

Sie hat die Auffassung vertreten, es sei Aufgabe des Sachverständigen, die für die Beantwortung erforderlichen Untersuchungen vorzunehmen.

Das LG hat durch Beschluss v. 15.11.2004 die Anträge zurückgewiesen. Das Gericht sei grundsätzlich nicht verpflichtet, den Sachverständigen gegen seinen Willen anzuweisen, die zur Herstellung von Bauteilöffnungen erforderlichen Werkverträge abzuschließen. Den Antrag, den Gutachter zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu einer mündlichen Verhandlung zu laden, hat es als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das LG nicht abgeholfen hat. Sie vertritt die Auffassung, das selbständige Beweisverfahren sei zum einen keineswegs beendet, zum anderen seien ihre Anträge keineswegs mutwillig gestellt.

Darüber hinaus könne und müsse das LG den Gutachter sehr wohl anweisen, die Bauteilöffnung vor...

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