Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertangabe in Antrag bestimmt das zuständige Gericht
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 5 OH 20/04) |
AG Rotenburg (Wümme) (Aktenzeichen 8 H 10/04) |
Tenor
Das AG Rotenburg (Wümme) ist zuständig. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragsteller haben von der Antragsgegnerin ein Hausgrundstück gekauft und wollen wegen einer nach Übergabe festgestellten Schimmelbildung Ansprüche geltend machen. Zur Vorbereitung einer Hauptsacheklage haben sie das anhängige selbständige Beweisverfahren beim AG Rotenburg beantragt und im Antrag ausdrücklich als vorläufigen Streitwert den Betrag von 3.000 Euro angegeben. Das AG hat zunächst die Antragsgegnerin angehört und dann den Beweisbeschluss vom 16.8.2004 erlassen. Auf dieser Grundlage ist das Gutachten des Sachverständigen M. eingeholt worden. In dem Gutachten hat der Sachverständige die Sanierungskosten auf 23.484,20 Euro beziffert. Das AG hat mit Beschluss vom 6.9.2004 den Wert des Streitgegenstandes auf bis zu 25.000 Euro festgesetzt und seine vermeintliche Abschlussverfügung getroffen. Die Antragsgegnerin greift nunmehr das Gutachten an, lehnt den Sachverständigen M. ab und beantragt mit Schriftsatz vom 23.9.2004 die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen. Darauf hat das AG durch Verfügung vom 28.9.2004 die Parteien auf seine Auffassung hingewiesen, dass wegen des Antrages der Antragsgegnerin das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen sei, und angefragt, ob im Hinblick auf den Streitwertbeschluss Abgabeantrag gestellt werde. Das haben beide Parteien getan. Darauf hat das AG das Verfahren mit Beschluss vom 13.10.2004 an das LG "abgegeben". Dieses hat die Akte formlos mit dem Bemerken zurückgesandt, dass das AG zunächst über den Befangenheitsantrag entscheiden müsse. Nunmehr hat das AG mit Beschluss vom 25.10.2004 beschlossen, dass es sich bei dem Abgabebeschluss vom 13.10.2004 um eine Verweisung handele, die auch im selbständigen Beweisverfahren zulässig sei, sodass die Zuständigkeit des AG ende. Das LG hat sich mit Beschluss vom 4.11.2004 für unzuständig erklärt und die Akten dem OLG gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt.
II. Die Vorlage ist zulässig. § 36 Abs. 1 ZPO ist auch bei Zuständigkeitsfragen im selbständigen Beweisverfahren anwendbar (OLG Celle v. 23.11.2000 - 4 AR 55/00, OLGReport Celle 2001, 97). Das AG Rotenburg (Wümme) war als zuständiges Gericht zu bestimmen, weil es ungeachtet der nach Eingang des Gutachtens eingetretenen Erhöhung des Streitwerts weiterhin zuständig ist und im selbständigen Beweisverfahren eine Verweisung nach § 281 ZPO nicht in Betracht kommt, sodass sich die Frage einer etwaigen Bindung des LG an einen sachlich unrichtigen Verweisungsbeschluss nicht stellt. Im Übrigen wäre aber auch im vorliegenden Fall selbst bei Anwendung des § 281 ZPO die Verweisung wegen (mindestens) objektiver Willkür nicht bindend.
1. Ungeachtet aller Zweifel an der Zweckmäßigkeit des § 486 ZPO im Grenzbereich von Streitwerten um die Streitwertgrenze zwischen amts- und landgerichtlicher Zuständigkeit ist für die Zuständigkeit des Gerichts im selbständigen Beweisverfahren der Streitwert bei Antragstellung maßgeblich (OLG Celle v. 9.12.2003 - 16 W 63/03, OLGReport Celle 2004, 257 = NJW-RR 2004, 234; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 486 Rz. 4; Fischer, MDR 2001, 608 [609]). Deshalb muss der Antragsteller sein Interesse nachvollziehbar beziffern und das Gericht schon vor Erlass eines Beweisbeschlusses und Beauftragung des Sachverständigen den Wert und demgemäß seine Zuständigkeit sorgfältig ermitteln (OLG München OLGReport München 1993, 166). Wie auch sonst ist für die Bewertung des zu sichernden Anspruchs grundsätzlich auf die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers bei der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens abzustellen; allenfalls offensichtliche Unter- oder Überbewertungen der Schätzung des Antragstellers zu Verfahrensbeginn können eine Korrektur rechtfertigen (OLG Celle v. 9.12.2003 - 16 W 63/03, OLGReport Celle 2004, 257 = NJW-RR 2004, 234). Spätere Veränderungen in der Einschätzung des Werts, insb. der durchaus häufige Fall, dass bei Einholung eines Sachverständigengutachtens sich deutlich höhere oder niedrigere Bewertungen ergeben, führen nicht zum Wechsel des Zuständigkeitsstreitwerts; ob für den Kostenstreitwert spätere Erkenntnisse im Lichte des eingeholten Gutachtens zu berücksichtigen sind (vgl. dazu Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rz. 16, "selbständiges Beweisverfahren" m.w.N.; s. auch OLG Celle v. 13.8.2002 - 4 W 154/02, OLGReport Celle 2003, 116), ist im vorliegenden Zuständigkeitskonflikt ohne Bedeutung. Der Senat lässt diese Frage offen, zumal keine Partei eine Streitwertbeschwerde eingelegt hat.
Dementsprechend haben die Antragsteller den Wert und damit ihr Interesse an einer Hauptsacheklage mit voraussichtlich 3.000 Euro angegeben und die vor Erlass des Beweisbeschlusses angehörte Antragsgegnerin hat jeden...