Leitsatz (amtlich)
Die - nach dem Wortlaut der Regelung - für beide Seiten geltende Verlängerung der Kündigungsfrist eines Handelsvertreterverhältnisses im Nebenberuf in den AGB des Unternehmers auf eine Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres ist unzulässig.
Normenkette
HGB § 92; BGB §§ 307, 310
Verfahrensgang
Tenor
Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Berufungsklägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme und zu einer weitere Kosten teilweise vermeidenden Berufungsrücknahme bis zum 5.7.2005 gegeben.
Gründe
Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung nur gegen einen Aspekt des Teilurteils des LG Bückeburg vom 24.3.2005 zu einer Handelsvertreterbeziehung, begehrt nämlich, dass die Auskunftspflicht des Beklagten aus Ziff. 1a des Urteilstenors nicht nur bis zum 31.5.2003 bemessen sein dürfe, sondern bis zum 31.12.2003 anzudauern habe. Sie begründet dies mit Ziff. 16.1.2 des Handelsvertretervertrages der Parteien, wonach eine ordentliche Kündigung bei einer Vertragsdauer zwischen 24 und 60 Monaten nur mit einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres zulässig gewesen sei, so dass die vom LG angenommene Kündigung vom 31.5.2002 erst zum 31.12.2003 wirksam geworden sei.
Mit dieser Berufung würde die Klägerin voraussichtlich nicht durchdringen. Bei der Kündigungsfristenregelung, auf die die Klägerin sich beruft, handelt es sich offenkundig um von der Klägerin vorgegebene allgemeine Geschäftsbedingungen. Als solche würde der Senat sie nicht für wirksam erachten.
Im Streitfall hat eine grundsätzlich für Handelsvertreter im Nebenberuf zulässige für Handelsvertreter und Unternehmer gleichlange Verlängerung der Kündigungsfristen stattgefunden. Diese würde der Senat dennoch als gegen den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung verstoßend und auch wegen der Ausgestaltung der Kündigungszeit gem. den auch im kaufmännischen Verkehr anzuwendenden §§ 307, 310 BGB; vormals §§ 9, 24 AGBG zuwiderlaufend für unwirksam halten.
Die Kündigungsfrist ist - ggü. der gesetzlichen Frist, die in § 92 HGB auf einen Monat bestimmt ist - auf bis zu 23 Monate verlängert (eine im Januar eines Jahres ausgesprochene Kündigung würde nämlich erst mit dem Ende des Folgejahres auslaufen). Dies erscheint für eine nebenberufliche Tätigkeit, bei der beide Seiten auf rasche Beendigung angewiesen sein können, insb. aber der nebenberufliche Handelsvertreter z.B. weil die Anforderungen des Hauptberufes oder der Hauptberuf selbst oder familiäre Umstände sich ändern können und insoweit eine flexible Reaktion erforderlich ist, als unangemessen lang und als knebelnd. Dies gilt um so mehr, als die vertraglich vorgesehene Frist um ein vielfaches länger ist als diejenige gesetzliche Frist, die in § 89 Abs. 1 HGB für den hauptberuflichen Handelsvertreter angeordnet ist. Der gesetzliche Grundgedanke, der mit § 92 HGB gerade die Möglichkeit eröffnet, ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis rascher zu beenden als ein hauptberufliches, wird durch die Regelung geradezu ad absurdum geführt.
Im Streitfall hätte der Senat die Regelung der Ziff. 16.1.2 des Vertrages aber auch wegen der Verknüpfung mit Ziff. 16. 3. als unwirksam erachtet. Nach dieser Bestimmung soll es der Klägerin erlaubt sein - gegen Entgelt - im Falle der ordentlichen Kündigung den Handelsvertreter von seiner Tätigkeitspflicht freizustellen, wogegen bei angemessener Vergütung an sich nichts zu erinnern ist. Unwirksam aber wird diese Bestimmung insgesamt und werden folglich die Kündigungsfristenregelungen dadurch, dass es der Klägerin nach Belieben freistehen soll, die einmal begehrte Freistellung zu widerrufen und den gekündigten Handelsvertreter - wie zu vermuten ist unter Fortfall der Karenzzahlung der Freistellungszeit - zur erneuten Tätigkeit aufzufordern. Diese einseitige dem Unternehmer eingeräumte Möglichkeit des "Sich-Umentscheidens" setzt den Handelsvertreter in eine unerträgliche Lage ggü. seinen Kunden, denen er zunächst die Suspendierung mitteilen und bei denen er dann nach diesem Gesichts- und Vertrauensverlust wieder Gegenteiliges erklären soll. Sie macht ihn gerade ggü. den Stammkunden unmöglich und zwingt ihn ggü. lukrativen Dauerkunden in unzumutbarer Weise zu wechselndem Verhalten. Was geschieht, wenn dabei - wie zu erwarten - das alte Entgeltniveau nicht wieder erreicht wird, bleibt gänzlich offen. Eine solche Bestimmung steht mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht in Einklang und ist daher auch im kaufmännischen Verkehr nicht wirksam. Wegen des Zusammenhanges dieser Regelung mit den verlängerten Fristen für die ordentliche Kündigung sind die Fristenbestimmu...